06.11.2008

Extrem schnelles Oszilloskop mit Lichtchip

Mit Photonik steigt die Auflösung von Signalen um das Hundertfache.



Mit Photonik steigt die Auflösung von Signalen um das Hundertfache

Ithaca (USA) – Überall wo Daten übertragen werden, messen Oszilloskope Form und Qualität der Signale. Aber bei wachsenden Datenraten in Glasfasernetzen und für die Untersuchung von rasanten chemischen Prozessen geraten beste elektronische Pulsmesser mit Auflösungen von etwa 30 Pikosekunden an ihre Grenzen. Eine Signalanalyse mit photonischen Methoden kann diese Hürde überwinden. Amerikanische Physiker präsentieren dazu in der Zeitschrift "Nature" den Prototyp eines Oszilloskops mit einer hundertfach feineren Zeitauflösung.

"Es wird immer wichtiger, Technologien zu entwickeln, mit denen sich optische Wellenformen mit Subpikosekunden-Auflösung einfach messen lassen", berichtet das Team um Alexander L. Gaeta von der Cornell University in Ithaca. Um dieses Ziel zu erreichen, lassen die Physiker einen zu analysierenden Laserpuls im infraroten Spektralbereich mit einem Pump-Puls in einem winzigen Wellenleiter (300 x 750 Nanometer) aus Siliziumnitrid oder Siliziumoxidnitrid aufeinander treffen. In diesem kleinen Raum werden die beiden Strahlen gezwungen, Energie auszutauschen. Dabei entsteht über die "Vier-Wellen-Mischung" eine Kopie des Signalpulses, dessen Intensität und Wellenlängenverteilung Information über die Struktur des ursprünglichen Puls liefert. Analysiert mit einem Spektrometer konnten Gaeta und Kollegen so auf die Wellenform des Ausgangspulses mit einer zeitlichen Auflösung von bis zu 220 Femtosekunden zurückschließen.

Der 280 Femtosekunden lange Pump-Puls weist eine Wellenlänge von 1550 Nanometer mit einer Bandbreite von 15 Nanometern auf. Er läuft vor dem Zusammentreffen mit dem Signalpuls durch eine 50 Meter lange Glasfaser. Da jede Wellenlänge sich unterschiedlich schnell durch die Faser bewegt, wird der Puls zeitlich minimal auseinander gezogen. Im zentralen Wellenleiter treffen daher Sequenzen mit unterschiedlichen Wellenlängen auf jeweils andere Abschnitte des zu analysierenden Signalpuls. Wegen des Energieaustausches über die "Vier-Wellen-Mischung" wird jede Sequenz des Pump-Puls durch die jeweilige Intensität des Signalpuls anders verzerrt und dessen Amplitude verändert.

Über dieses Verfahren übertrugen die Wissenschaftler den zeitlichen Ablauf, also die Wellenform, des Signalpuls auf unterschiedliche Wellenlängen des Pump-Puls. Mit die Messung der Intensität jeder einzelnen Wellenlänge nach der Wechselwirkung im Wellenleiter konnte so die ursprünglichen Wellenform ermittelt werden. In weiteren Versuchen wollen Gaeta und Kollegen die dispergierende Glasfaser für den Pump-Puls durch andere, kleinere Lichtleiter ersetzen. Das Ziel ist es, möglichst alle optischen Komponenten auf einen einzigen Chip zu integrieren. Damit könnten dann extrem schnelle und handliche Oszilloskope für die Analyse einzelner Pulse in der Kommunikationstechnik entwickelt werden.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

Weiterführende Literatur:
  • Dorrer, C. High-speed measurements for optical telecommunication systems., IEEE Select. Topics Quant. Electron. 12, 843–858 (2006)
  • Jalali, B. Can silicon change photonics? Phys. Status Solidi 205, 213–224 (2008)
  • Solli, D. R., Ropers, C., Koonath, P. & Jalali, B. Optical rogue waves. Nature 450, 1054–1057 (2007)
  • Chou, J., Boyraz, O. & Jalali, B. Femtosecond real-time single-shot digitizer. Appl. Phys. Lett. 91, 161105 (2007).

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