10.07.2006

Exzitonen in neuem Licht

Halbleiterphysiker aus Marburg widersprechen der gängigen Auffassung des Lichtemissionsprozesses bei Leuchtdioden.



Halbleiterphysiker aus Marburg widersprechen der gängigen Auffassung des Lichtemissionsprozesses bei Leuchtdioden.

Leuchtdioden aus Halbleitermaterialien finden sich mittlerweile fast überall: in Haushaltsgeräten, als Anzeige- und Kontrolllichter oder als Laser in CD-Spielern, Laserdruckern und Supermarktscannern. „Der Prozess aber, durch den das Licht emittiert wird“, so Stephan W. Koch, der an der Philipps-Universität Marburg theoretische Halbleiterphysik lehrt, „ist in seinen Details immer noch nicht richtig verstanden. Zum Teil gibt es sogar massives Unverständnis hinsichtlich dessen Hintergründe.“ Nun hat das Fachjournal Nature Materials Stephan Koch und seine Kooperationspartner zu einem Überblicksartikel eingeladen, in dem sie den neuesten Stand der weltweiten Forschung kritisch diskutieren und ihr eigenes Konzept vorstellen, das die Fachwelt revolutionieren dürfte.

In dem Artikel „Halbleiter-Exzitonen in neuem Licht“ („Semiconductor excitons in new light“, Nature Materials, 5. Juli 2006) berichten die Physiker darüber, dass nicht, wie allgemein angenommen wird, Exzitonen die Quelle des Lichts sind, das von Halbleitern emittiert wird, sondern dass häufig Elektron-Loch-Plasmen für die Lichterzeugung verantwortlich sind. Die Verwirrung rühre unter anderem daher, dass die experimentell gewonnenen Informationen über die Verteilung von Exzitonen in Halbleitern noch unzureichend sind. Um präzise in Erfahrung zu bringen, ob und unter welchen Bedingungen Exzitonen überhaupt auftreten, schlagen die Physiker spektroskopische Methoden auf Basis von Lichtquellen im Terahertzbereich vor.

Kochs Kooperationspartner sind der Marburger Juniorprofessor Mackillo Kira sowie Professorin Galina Khitrova und Professor Hyatt Gibbs von der US-amerikanischen University of Arizona in Tucson. Unter anderem als Forschungspreisträger der Alexander-von-Humboldt-Stiftung war Hyatt Gibbs bereits mehrfach zu Gast am Marburger Fachbereich Physik.

Exzitonen - das Wort ist aus dem englischen „excitation“ für „Anregung“ abgeleitet - sind Elektron-Loch-Paare, die in enger Wechselwirkung miteinander stehen, also „gebunden“ sind. Elektronen und Löcher in einem Plasma können sich hingegen frei und unabhängig voneinander bewegen. „Löcher“ wiederum sind Stellen in einem Halbleiter, wo ein Elektron fehlt. Eine solche Stelle hat dieselben physikalischen Eigenschaften wie ein reales, positiv geladenes Teilchen, sodass sie auch als Quasi-Partikel bezeichnet wird.

Fällt ein Elektron in ein Loch - ein Vorgang, den man Rekombination nennt -, wird Energie frei und in Form von Licht ausgesandt. Kira und Koch haben nun erkannt, dass Lichterzeugung aufgrund einer solchen Rekombination nicht nur von Exzitonen herrühren kann, sondern dass dafür auch ein Elektron-Loch-Plasma in Frage kommt - und häufig sogar dominiert -, und zwar ohne dass sich dies an den Eigenschaften des ausgesandten Lichtes direkt erkennen ließe.

Um nun die Hintergründe der Lichtabstrahlung präzise in physikalischen Modellen fassen zu können, müssen die genauen Voraussetzungen für das Auftreten und die Verteilung von Exzitonen in Halbleitermaterialien bekannt sein. Die Autoren des Überblicksartikels bestreiten allerdings, dass sich diese Informationen mit Hilfe klassischer optischer Experimente gewinnen lassen. Vor allem die verbreitete Annahme, Exzitonen verhielten sich wie ein ideales Gas - würden also nicht miteinander in Wechselwirkung stehen - müsse zugunsten der Annahme eines miteinander wechselwirkenden Vielteilchensystems fallen gelassen werden.

Derzeitige Theorien und experimentelle Verfahren führen den Physikern zufolge zu Fehlinterpretationen der beobachteten Lichtemission: Man schreibe deren Charakteristika häufig allein dem Verhalten der Exzitonen zu, obwohl auch andere physikalische Phänomene wie das allmähliche Verschwinden des Polarisationszustands oder die Abstrahlung des Ladungsträgerplasmas eines Halbleiters zu vergleichbaren Spektren führen.

Darum müsse, so fordert das internationale Wissenschaftlerteam, insbesondere die noch junge Terahertz-Spektroskopie nun breitere Anwendung finden. Entsprechende Verfahren (an deren Entwicklung die Marburger Physiker Koch und Kira wesentlichen Anteil haben) arbeiten mit Licht, dessen Frequenz genau auf das Exziton abgestimmt ist. So gelingt es, Exzitonen gewissermaßen „direkt“ zu beobachten; gleichzeitig wird verhindert, dass indirekte Verfahren zu möglichen Fehlschlüssen führen.

Quelle: Philipps-Universität Marburg

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