23.06.2017

Fahrplan in die Zukunft

Das europäische Kernphysik-Komitee legt einen Bericht vor, wie sich das Forschungsfeld in der nächsten Jahren entwickeln soll.

Bereits zum fünften Mal veröffentlichte das Nuclear Physics European Collaboration Committee (NuPECC) einen Langzeitplan, der die Ziele der kernphysikalischen Forschung in Europa für die kommenden Jahre beschreibt und Empfehlungen gibt, wie diese am besten zu erreichen sind. Wie schon in der letzten Auflage im Jahr 2010 genießt der Aufbau des Beschleunigerzentrums FAIR in Darmstadt oberste Priorität, flankiert von Großeinrichtungen wie SPIRAL2 in Frankreich oder dem ALICE-Experiment am Large Hadron Collider des CERN. Neben sechs thematisch gegliederten Abschnitten – von Hadronenphysik über Nukleare Astrophysik bis hin zu Anwendungen wie Medizinphysik – enthält der Bericht eine Übersicht zu bestehenden und geplanten Infrastrukturen für die kernphysikalische Forschung in Europa.

Anders als in den USA, wo langfristige Pläne der Forschungsgemeinschaften direkten Einfluss auf die Finanzierung haben, dient der NuPECC Long Range Plan vor allem dazu, den nationalen Fördereinrichtungen in Europa aufzuzeigen, wie sie im Rahmen einer europäisch ausgerichteten Finanzierung ihre Mittel am besten einsetzen könnten. Daher tauchen neben Großprojekten wie FAIR auch eher unerwartete Empfehlungen auf. „Wir müssen die verfügbare Rechenkapazität in Europa besser koordinieren und deutlich ausbauen, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen“, sagte Jochen Wambach, Direktor des Europäischen Zentrums für Theoretische Studien ECT* in Trento, der an dem neuen Long Range Plan aktiv mitgearbeitet hat. „Die gesamte Rechenleistung europäischer Großrechner bleibt deutlich hinter den USA oder China zurück.“

Das Beschleunigerzentrum FAIR ist das Flaggschiff für die kernphysikalische Forschung der kommenden Jahrzehnte. Weil die dort geplanten Experimente auch die Theorie entscheidend voranbringen können, hofft der theoretische Kern- und Teilchenphysiker Jochen Wambach, dass es nicht zu weiteren Verzögerungen kommt. „Im nächsten Long Range Plan möchte ich – bezogen auf FAIR – am liebsten nur noch Upgrades laufender Experimente diskutieren.“

Wie vielfältig sich die kernphysikalische Forschung darüber hinaus in Europa gestaltet, zeigt ein genauerer Blick in den Long Range Plan. Die Teilchenphysik ist mit mehreren Experimenten am CERN und weiteren Anlagen wie MAMI (Mainzer Mikrotron) in Mainz oder ELSA (Elektronen-Stretcher-Anlage) in Bonn breit aufgestellt. Kernstruktur, Kernreaktionen und Nukleare Astrophysik lassen sich nicht nur an Großeinrichtungen untersuchen, sondern auch an den in Europa im Gegensatz zu den USA zahlreich vorhandenen kleinen Beschleunigern. Meist betreiben Universitäten diese Anlagen, die verschiedenste Ionen-, Neutronen- und Photonenstrahlen zur Verfügung stellen und auch sehr gute Bedingungen bieten, um den wissenschaftlichen Nachwuchs auszubilden.

Von den verschiedenen Anlagen profitiert auch die angewandte Forschung. Hier lassen sich Probleme der Energieversorgung, der Umwelt- und Weltraumforschung sowie medizinischer Therapien lösen. Außerdem können Techniken entwickelt werden, um Kunstwerke oder archäologische Funde zerstörungsfrei zu untersuchen und die Sicherheit kerntechnischer Anlagen zu garantieren. Außerdem kommen die großen und kleinen kernphysikalischen Anlagen in Europa den Materialwissenschaften sowie der Atom- und Plasmaphysik zugute.

Ende November wird das NuPECC den Long Range Plan 2017 offiziell in Brüssel vorstellen. Vertreter nationaler Fördereinrichtungen und Wissenschaftsorganisationen – in Deutschland beispielsweise die DFG oder die Helmholtz-Gemeinschaft – haben dann wieder ein aktuelles Dokument an der Hand, um ihre Förderstrategie zur Kernphysik auszurichten.

Kerstin Sonnabend

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