Faltenkur für Graphen
Die Kohlenstoffkonfiguration besitzt eine Eigenschaft, die wir Menschen auch gern hätten: Seine Falten bilden sich vollständig wieder zurück.
Besonders hochwertiges Graphen für künftige Supercomputer oder faltbare Displays erzeugt man zum Beispiel, indem man das Gas Ethylen bei einer Temperatur von 1200 Grad Celsius an einer Metalloberfläche, wie einem Iridium-Kristall, abscheidet. Genau eine Schicht Kohlenstoffatome setzt sich auf dem Kristall ab – das Graphen. Beim Abkühlen zieht sich der Kristall jedoch schneller wieder zusammen als die Kohlenstofflage, sodass das wertvolle Material Falten wirft, die die Leitfähigkeit entscheidend verringern.
Abb.: Wenn sich zwei unterschiedliche Gitter überlagern, entsteht ein neues, virtuelles Muster. Das Phänomen nennt man Moiré-Effekt. (Bild: UDE)
Wie dieser Prozess für Graphen im Detail abläuft, haben Forscher um Hichem Hattab von der Universität Duisburg-Essen in Zusammenarbeit mit Physikern der Universitäten Köln und Twente nun erstmals beobachten können. Die Dimensionen, in denen sie beobachtet und gemessen haben, sind so klein, dass klassische Messmethoden hier versagen. Daher griffen die Forscher zu einem Trick: Sie verknüpften die Elektronenbeugung mit dem Moiré-Effekt. Diese Überlagerung zweier Muster hat jeder schon einmal beobachtet: Die Wellen, die scheinbar über das karierte Hemd des Fernsehmoderators laufen, oder das Muster, das entsteht, wenn man zwei Gitter-Geländer leicht versetzt hintereinander sieht. Die Messgenauigkeit konnte so auf 0,1 Picometer gebracht werden.
Diese Effekt lässt Rückschlüsse auf die Abstände der Atome im Graphen zu. Die Nanowissenschaftler fanden so heraus, dass während des Abkühlens die „Maschen“ des Graphengitters gequetscht werden. Zur Entlastung entstehen die Falten. Umgekehrt werden die Maschen beim Aufheizen erst ordentlich auseinandergezogen, bevor die Falten wieder verschwinden. Anschließend ist der Abstand zwischen den Atomen im Gitter noch der gleiche wie zuvor, nirgendwo entstehen Risse oder Knicke im Material. Das konnte bisher noch niemand belegen.
Der nächste wissenschaftliche Schritt besteht nun darin, eine Methode zu finden, um das Graphen leicht vom Iridium zu lösen. Dass die Falten sich dann ganz allein zurückbilden und keine Schäden im Material hinterlassen, ist nun bewiesen.
UDE / PH