20.02.2007

Fingerabdruck wechselwirkender Elektronen

Augsburger Physiker haben einen neuartigen Effekt in Metallen entdeckt, der durch die Korrelationen zwischen den Elektronen verursacht wird.



Augsburger Physiker haben einen neuartigen Effekt in Metallen entdeckt, der durch die Korrelationen zwischen den Elektronen verursacht wird.

Die Bewegung von Fußgängern auf einem gefüllten Marktplatz und von Elektronen in einem Metall führt zu sehr ähnlichem Verhalten: Um nicht zusammenzustoßen, müssen sich sowohl Menschen wie auch Elektronen gegenseitig ausweichen. Diese räumliche Beeinflussung der Bewegung nennt man „Korrelation“. Im Fall der Bewegung von Elektronen in einem Metall, bei der Effekte der Quantenphysik eine entscheidende Rolle spielen, können derartige Korrelationen dramatische Folgen haben. Sie bestimmen insbesondere die physikalischen Eigenschaften vieler Materialien. Jetzt haben Physiker des Sonderforschungsbereichs 484 um Dieter Vollhardt von der Universität Augsburg einen neuartigen Effekt entdeckt, der durch die Korrelationen zwischen den Elektronen verursacht wird. Diese Arbeit wurde jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Physics“ online veröffentlicht.

Elektronen sind geladene Teilchen, die gleichzeitig auch Wellencharakter besitzen. Dieses scheinbar paradoxe Verhalten lässt sich mit der Quantenmechanik erklären, deren Gesetzen die Elektronen unterliegen. Für die Elektronen heißt das: Sie haben eine Wellenlänge und damit eine Frequenz, die von der Wellenlänge abhängt. Diese Eigenschaft ist auch bei einem Lautsprecher zu beobachten: Je höher ein Ton, also je höher die Frequenz, um so kürzer die dazugehörige Wellenlänge, mit der seine Membran schwingt. Die Abhängigkeit der Frequenz einer Welle von der Wellenlänge bezeichnet man als Dispersion. In einem korrelierten Material wird die Dispersion der Elektronenwellen durch die gegenseitige Abstoßung der Elektronen stark beeinflusst.

Den Augsburger Wissenschaftlern ist es nun zusammen mit Kollegen aus Stuttgart, Göttingen und Ekaterinburg (Russland) gelungen, die Dispersion von Elektronen in korrelierten Metallen genauer zu verstehen. Sie berechneten, dass sich die Beziehung zwischen Frequenz und Wellenlänge bei gewissen Frequenzen abrupt ändern kann. Dieses eigenartige Verhalten äußert sich als mehr oder minder scharfer Knick in der Dispersionskurve (Abb.).

Solche Knicke sind eine Folge der spezifischen räumlichen Korrelationen zwischen den Elektronen. Das heißt: Bei bestimmten Frequenzen reagieren die Elektronen nicht mehr so, wie man es eigentlich erwartet hätte.

Abb.: Die Beziehung zwischen Frequenz und Wellenlänge der Elektronenn kann sich bei gewissen Frequenzen abrupt ändern (Pfeile). Wie ausgeprägt ein Knick ist und bei welcher Frequenz er in der Dispersion auftritt, hängt von der Stärke der Korrelation ab.

Wie ausgeprägt ein Knick ist und bei welcher Frequenz er in der Dispersion auftritt, hängt von der Stärke der Korrelation ab und stellt deshalb so etwas wie einen charakteristischen Fingerabdruck der Wechselwirkung zwischen den Elektronen dar. Dieses Ergebnis ist sehr allgemein und ist daher für praktisch jedes Metall zu erwarten, in dem sich die Elektronen stark korreliert bewegen. Tatsächlich wurden in den letzten Monaten genau solche Knicke in der Dispersion zahlreicher Materialien entdeckt – ihr Ursprung war bisher allerdings völlig rätselhaft.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler erlauben es nun, mit Hilfe der Knicke unerwartete Informationen über das "Innenleben" korrelierter Materialien zu finden. Damit sind diese Knicke ein neuer Schlüssel zum Verständnis der Eigenschaften von Materialien, wie z. B. Hochtemperatur-Supraleitern und Metalloxiden die sowohl für die Grundlagenforschung wie auch für moderne technologische Anwendungen enorm wichtig sind.

Quelle: Universität Augsburg (T. Naeser)

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