03.05.2017

Flache Gläser mit Laser biegen

Neues Verfahren ermöglicht in der Architektur und im Industrie-Design komplexe Formen.

Eine neue Technik ermöglicht es, Flachglas mithilfe eines Laser­strahls zu komplexen oder unge­wöhnlichen Formen zu biegen. So können zukünftig neuartige Produkte für Archi­tektur oder Design entstehen. Die Forscher des Fraun­hofer-Instituts für Werkstoff­mechanik IWM in Freiburg nutzen dabei die besondere Eigen­schaft von Glas, bei hoher Temperatur zäh­flüssig verformbar zu werden. Den Rest erledigen exakte Berech­nungen und die Schwer­kraft.

Abb.: Mit der neuen Technologie der laserunterstützten Glasformgebung geformte Prototyp-Flachglasscheibe mit sehr kleinen Radien. (Bild: Fh.-IWM, F. Gemetz)

Mit präzisen Bewegungen fährt der Laser­strahl über die Glas­oberfläche. Er folgt einer vorpro­grammierten, noch unsicht­baren Bahn. Zwischendurch stoppt er, setzt an einer anderen Stelle wieder an und fährt weiter. Das vier Millimeter dicke Flachglas liegt in einem Ofen, der vorgeheizt ist – knapp unter dem Temperatur­bereich, bei dem Glas zu fließen beginnt. Jetzt wird das Glas an den Stellen, die der Laser erhitzt hat, weich. Durch die Schwerkraft senken sich die erhitzten Partien wie zäh­flüssiger Honig nach unten. Wenn die gewünschte Verformung erreicht ist, wird der Laser ausge­schaltet, das Glas erstarrt. Entstanden ist eine Form mit Biegungen in kleinen Radien, Wellen und kreis­förmigen Ausbuch­tungen.

So funktioniert die laser­gestützte Technik zum Biegen von Flachglas, die das Fraun­hofer-Institut IWM entwickelt hat. Möglich wird das Verfahren auch durch eine physi­kalische Besonder­heit des Werkstoffs: Anders als beispiels­weise Metall, besitzt Glas keinen defi­nierten Schmelz­punkt, bei dem es sich verflüssigt. Statt­dessen wird es ab einem bestimmten Temperatur­bereich weich und formbar. Das laser­gestützte Verfahren ermöglicht in der Archi­tektur, aber auch im Indus­trie-Design komplexe Formen, die bisher nicht oder nur mit großem Aufwand reali­sierbar waren. Das Flachglas wird geformt, ohne dass eine Biege­form Druck ausübt. So bleiben keine un­schönen Abdrücke zurück – das Glas bleibt an seinen geraden Flächen optisch unver­zerrt.

Zum Einstellen der ge­wünschten Form des Produkts wird zunächst ein Verfahrens­ablauf programmiert. Auf Grundlage der Geometrie­daten werden die Dauer und die zeit­liche und örtliche Abfolge der Erwärmung festgelegt sowie das Steuer­programm für den Laser­strahl erstellt. Dabei kann der Laser zwischen­durch pausieren, bestimmte Partien mehrmals erhitzen oder die Leistung verändern. „Mit unserer Technik können Her­steller ganz indivi­duelle Glas­objekte in kleiner Stückzahl oder sogar in Einzel­stücken wirt­schaftlich produ­zieren“, sagt Tobias Rist, Wissen­schaftler am Fraun­hofer IWM.

Der gesamte Vorgang vom Einbringen des Glases in den Ofen bis zum Abkühlen dauert etwa eine halbe Stunde. Der Laser selbst benötigt je nach gewünsch­ter Form nur ein paar Minuten. „Ein entschei­dender Vorteil für Her­steller ist die kurze Belegungs­zeit der Maschine. Man bringt das Werkstück in den vorge­heizten Ofen, dann kann der Laser nach wenigen Minuten loslegen“, erklärt Tobias Rist. Danach kühlt das Glas außerhalb des Biege­ofens ab und macht so Platz für das nächste Werkstück, ohne dass der Ofen herunter­gekühlt werden muss. Das ist deutlich energie­effizienter als herkömm­liche Verfahren: Der Laser ist zwar energie­intensiv, aber die sehr kurzen Bearbeitungs­zeiten sparen wiederum Strom.

Die Gruppe „Bearbeitungs­verfahren, Glasform­gebung“ des Fraunhofer IWM nutzt ein leistungs­starkes CO2-Laser-Modell. Solche Laser werden in der Industrie häufig für die Material­bearbeitung eingesetzt. Der Laser­strahl trifft nicht direkt auf das Werkstück, es wird vielmehr über beweg­liche Spiegel in das Innere des Ofens gelenkt. So lässt sich der Laserstrahl sehr schnell und einfach posi­tionieren, da man nicht die gesamte Laser­apparatur bewegen muss. Derzeit ist das Team in der Lage, Gläser bis zu einer Kantenlänge von 100 Zentimeter zu bear­beiten und auch Formen zu beiden Seiten der Glas­scheibe einzubringen. Im nächsten Schritt experi­mentieren die Forscher mit ver­schiedenen Glassorten und erproben weitere Varianten in der Fertigung, um die Formen­vielfalt bei den Produkten zu ver­größern.

Fh.-IWM / JOL

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