02.06.2016

Flache Metalinsen fokussieren sichtbares Licht

Areal mit Nanoflossen aus Titandioxid erreicht sehr hohe Auflösung und könnte zu extrem flachen und günstigen Linsen führen.

Tarnkappen aus Metamaterialien mit ihren streng symmetrisch auf­gebauten Nano- und Mikro­strukturen gibt es bereits für weite Spektral­bereiche. Weniger Aufmerksam­keit erregten bislang die für Anwendungen viel relevanteren Linsen, die sich ebenfalls aus Meta­materialien konzipieren lassen. Das könnte sich mit einer Entwicklung der Harvard University in Cambridge ändern. Die Arbeits­gruppe um Federico Capasso fertigte nun mehrere extrem flache Meta­linsen aus Titan­dioxid-Strukturen. Mit diesen Linsen ließ sich Licht über den gesamten sichtbaren Spektral­bereich sehr stark fokussieren, um ein Auflösungs­vermögen in der Größen­ordnung der Wellen­länge zu erhalten.

Abb.: SEM-Aufnahme einer Metalinse aus einem Areal aus Titandioxid-Nanoflossen (Bild: F. Capasso, Harvard University)

„Unsere Metalinse besteht aus einem Areal winziger Wellen­leiter, das Licht­wellen effizient beugen kann“, sagt Capasso. Zusammen mit seinen Kollegen nutzte er litho­graphische Methoden, um Meta­linsen aus unterschiedlich dimensionierten Arealen aus Titan­dioxid-Nano­flossen herzustellen. Dazu strukturierten sie mit einen stark fokussierten Elektronen­strahl eine Maske aus Kunst­stoff, die ähnlich wie eine Guss­form für die Meta­linsen diente. Auf diese Maske deponierten die Forscher über die Atom­lagen­abscheidung aus der Dampf­phase einen hauch­dünnen Film aus Titan­dioxid. So entstand entsprechend der nano­strukturierten Oberfläche der Maske ein Areal tausender, winziger Nano­flossen, das die Forscher auf ein Glas­substrat transferieren konnten.

Die Dimensionen der Nanoflossen passten die Wissenschaftler – basierend auf vorhergehenden Computer­simulationen – an verschiedene Wellen­längen (405, 532, 660 Nanometer) an. Mit einer Höhe von etwa 600 Nano­metern variierten die Kanten­längen der Nano­flossen zwischen 40 und 410 Nano­metern. Dabei achteten sie auf einen gleich­mäßigen Abstand von etwa 200 Nano­metern. Darauf bestimmten sie die optischen Eigenschaften dieser Prototypen.

Die fertigen Metalinsen, alle mit einigen Mikro­metern sehr viel dünner als ein Blatt Papier, zeigten eine hohe Transparenz. Einfallende Licht­wellen wurden wie gewünscht stark gebeugt. Die numerische Apertur der Linsen bestimmten Capasso und Kollegen auf einen sehr hohen Wert von NA=0,8. Damit ließ sich blaues Licht mit der optimierten Nano­flossen-Struktur bis auf einen Fokus von 280 Nanometern Halb­werts­breite bündeln. Die Fokusse weiterer Meta­linsen – optimiert für grünes und rotes Licht – lagen bei 375 und 450 Nano­metern. Im Vergleich zu komplexen Linsen­optiken von Licht­mikroskopen konnten die Forscher die Fokussierung um etwa den Faktor 1,5 verbessern.

Abb.: Eine Metalinse aus einem Areal aus Titandioxid-Nanoflossen bündelt sichtbares Licht in einem bis zu 280 Nanometer (FHWM) schmalen Fokus. (künstler. Illustration; Bild P. Allen / Harvard Paulson School)

Diese vielversprechenden Ergebnisse stießen bei anderen Forscher­gruppen bereits auf großes Interesse. „Diese Meta­linsen für den sichtbaren Bereich genügen sehr hohen Anforderungen, die mit herkömmlichen Linsen schwer zu erreichen sind“, sagt Vladimir M. Shalaev von der Purdue University, der nicht an der Entwicklung beteiligt war. Bisher sind die Meta­linsen auf einen jeweils engen Spektral­bereich optimiert. Doch ist es nicht ausgeschlossen, schon bald Meta­linsen zu entwickeln, die nicht nur für einzelne Licht­farben, sondern für ein möglichst breites Spektrum eine starke Fokussierung zeigen.

Im Vergleich zu komplexen Systemen aus Glas- oder Kunst­stoff­linsen sticht der einfache Herstellungs­prozess – aufbauend auf ausgereifte Litho­graphie-Verfahren für Computer­chips – heraus. So ist die Grundlage für eine sehr günstige Massen­fertigung gelegt. „Schon in naher Zukunft werden Meta­linsen in großem Maßstab zu einem Bruchteil der Kosten konventioneller Linsen gefertigt werden“, ist Capasso überzeugt. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er sich die entsprechenden Patente für Meta­linsen jedenfalls schon gesichert.

Metalinsen könnten so nicht nur zu günstigeren und zugleich hochauflösenden Licht­mikroskopen führen. Auch für die in Smart­phones und Tablets integrierten Kameras ließen sich sich nutzen. Der Vorteil liegt neben niedrigeren Produktions­kosten in einem deutlich geringeren Platz­bedarf bei vergleich­baren optischen Eigenschaften. So könnten diese Linsen zu ersten wirtschaftlich relevanten Anwendungen von dielektrischen Meta­materialien führen, lange bevor sich tatsächlich nutzbare Tarn­kappen für den sichtbaren Spektral­bereich entwickeln lassen.

Jan Oliver Löfken

DE

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