21.06.2007

Flüssige Teleskopspiegel

Ein Mondteleskop mit einem Spiegel aus ionischen Flüssigkeiten könnte wesentlich schwächere Objekte beobachten als die nächste Generation der Weltraumteleskope. Doch welche Flüssigkeiten sind geeignet?



Ein Mondteleskop mit einem Spiegel aus ionischen Flüssigkeiten könnte noch 100- bis 1000-mal schwächere Objekte beobachten als die nächste Generation der Weltraumteleskope. Doch welche Flüssigkeiten sind geeignet?

Schon seit den 1990er Jahren verfolgt der kanadische Physiker Ermanno Borra die Idee, auf dem Mond ein Teleskop mit einem flüssigen, rotierenden Hauptspiegel zu bauen. Funktionierende Prototypen mit Quecksilber als Spiegelflüssigkeiten zeigen, dass die Idee zumindest auf der Erde funktioniert. Seit 2004 finanziert sogar die NASA die Weiterentwicklung des Konzepts. Jetzt gelang es Borra und seinem Team erstmalig, einen Flüssigspiegel im Vakuum mit einer reflektierenden Schicht aus Chrom und Silber zu bedampfen. Als Grundlage verwendeten die Forscher dabei eine ionische Flüssigkeit. Solche Flüssigkeiten wären für einen Einsatz auf dem Mond besonders geeignet, da sie auch bei tiefen Temperaturen nicht fest werden und selbst im Vakuum praktisch nicht verdampfen.

„Ein optisch-infrarotes Teleskop mit 20 bis 100 Metern Öffnung auf dem Mond könnte noch 100- bis 1000-mal schwächere Objekte beobachten als selbst die nächste Generation der Weltraumteleskope“, schreiben Ermanno Borra von der Université Laval in Kanada und seine Kollegen in der jüngsten Ausgabe von „Nature“. Flüssigspiegel wären für einen Einsatz auf dem Mond ideal, da sie ein erheblich geringeres Gewicht als herkömmlicher Glasspiegel besitzen. Die Spiegel behalten durch ihre Rotation stets die optisch ideale Paraboloidform bei. Zwar lässt sich mit einem solchen Instrument nur senkrecht nach oben beobachten. Doch für viele astronomische Projekte, insbesondere die Suche nach den ersten Galaxien im Universum, ist es völlig egal, in welche Richtung man blickt.

Abb.: Ein 3,7 Meter großer Flüssigspiegel am Centre d'Optique der Université Laval. Der rotierende Spiegel besteht aus Quecksilber, das mit einer dünnen, transparenten Oxid-Schicht bedeckt ist. Dadurch entweichen keine Quecksilberdämpfe aus dem Spiegel. (Quelle: Guy Plante / Université Laval)

Metallische Flüssigkeiten wie Quecksilber sind für Beobachtungen im Infrarotbereich allerdings nicht geeignet, da sie bei den nötigen Temperaturen von unter 175 Kelvin fest werden. Die ideale Spiegelflüssigkeit für ein Mondteleskop muss also einen sehr niedrigen Schmelzpunkt besitzen, darf im Vakuum nicht verdampfen und muss zudem möglichst stark reflektieren. Die ersten beiden Bedingungen werden von ionischen Flüssigkeiten erfüllt. Dabei handelt es sich um „flüssige Salze“, Flüssigkeiten also, die ausschließlich aus Ionen bestehen. Borra und sein Team verwendete eine kommerziell erhältliche Flüssigkeit, 1-Äthyl-3-Methylimidazolium-Äthylsulfat, deren Schmelzpunkt gerade bei 175 Kelvin liegt. Um ein hohes Reflexionsvermögen zu erzielen, bedampften die Forscher diese Flüssigkeit im Vakuum zunächst mit Silber.

Dabei zeigte sich, dass zwar ein Teil des Silbers in die Flüssigkeit hinein diffundiert, sich dann aber eine stabile Oberflächenschicht aus kolloidalen Silberpartikeln mit einer Größe von einigen zehn Nanometern bildet. In einem zweiten Versuchsschritt bedampften die Forscher die Flüssigkeit zunächst mit Chrom und anschließend mit Silber. Wie sich zeigte, entsteht so auf der Chromunterlage eine gleichmäßigere Silberbeschichtung mit einem verbesserten Reflexionsvermögen.

Das so erreichte Reflexionsvermögen von etwa 80 Prozent sei „zwar noch nicht adäquat, aber alles weitere ist nur noch eine Sache technischer Verbesserungen“, so die Forscher. Immerhin gebe es mindestens eine Million unterschiedlicher ionischer Flüssigkeiten mit unterschiedlichen chemischen und physikalischen Eigenschaften, also „eine phänomenal breite Auswahl, um die Eigenschaften des flüssigen Substrats in Bezug aus Schmelzpunkt und Verdampfung zu optimieren.“

Rainer Kayser

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