Fluktuierende Mond-Exosphäre
Extrem dünne Gashülle des Erdtrabanten zeigt periodisch variierenden Anteil von Natrium und Kalium.
Als die Crew von Apollo 17 kurz vor Sonnenaufgang ihren Blick über die Mondoberfläche schweifen ließ, bot sich ihnen ein unerwarteter Anblick: Sie erspähten ein leichtes Glimmen hoch über dem Boden, das auf eine dünne Atmosphäre hindeutete. Der Mond ist zwar zu klein, um mit seiner geringen Schwerkraft eine wirkliche Atmosphäre an sich zu binden. Doch besitzt er eine extrem dünne Exosphäre, wie sie die Erde etwa oberhalb der Flugbahn der Internationalen Raumstation aufweist. Um dieses extrem dünne Gasgemisch zu untersuchen, haben die japanische Raumsonde Kaguya und der US-amerikanische Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer LADEE die Mond-Exosphäre in den letzten Jahren spektroskopisch untersucht.
Bei einem Druck von wenigen 10-10 Pascal besteht die Mond-Exosphäre zu ähnlichen Teilen aus Helium, Neon, Wasserstoff und Argon. In Spuren sind auch Methan, Ammoniak und Kohlendioxid vorhanden, sowie Natrium und Kalium. Die letzten beiden Elemente machen zwar nur einen geringen Anteil aus, lassen sich wegen ihrer hellen Linienemission aber besonders gut beobachten. Im Laufe eines Mondtages zeigt die Häufigkeit dieser Elemente eine deutliche Fluktuation. Ein Team von Nasa-Wissenschaftlern ist nun mit Hilfe von LADEE-Daten dem Ursprung dieses periodischen Verhaltens auf den Grund gegangen.
So ist schon seit längerem bekannt, dass Sonnenwind und Sonnenstrahlung Elemente aus der Mondoberfläche lösen und in die Exosphäre befördern können, bevor sie sich wieder auf dem Boden absetzen. Den mit Abstand stärksten Effekt bewirkt die Sonnenstrahlung per photoinduzierter Desorption. Hochenergetische Elektronen aus dem Sonnenwind können zudem per Sputtering Natrium oder Kalium freisetzen. Die Rolle dieser beiden Prozesse konnten die Forscher bestimmen, wenn der Mond sich in den Magnetschatten der Erde bewegte und dadurch vor dem Sonnenwind abgeschirmt war. Dabei sank zunächst der Anteil dieser Elemente, da sie sich auf der Mondoberfläche ablagerten. Nach Heraustreten aus dem Erdschatten nahmen die Natrium- und Kalium-Konzentrationen wieder zu.
Unklar blieb dabei aber zunächst, welche Rolle Meteorströme für die Natrium- und Kaliumkonzentrationen in der Mond-Exosphäre spielen. Über die Lebensdauer von LADEE ist der Mond durch die Geminiden, Leoniden und Quadrantiden geflogen. Dabei stieg jeweils vor allem die Kalium-Konzentration kurzfristig deutlich an. Ein ähnliches Verhalten ist auch vom Merkur bekannt. Die gemessene Dynamik spricht nach Ansicht der Forscher gegen Modelle, denen zufolge interplanetarische Teilchen von der Mondoberfläche größtenteils wieder abprallen. Stattdessen verdampfen sie durch den Aufprall und lagern ihr Material in der Umgebung ab. Trifft starke Sonnenstrahlung darauf, wird es zum Teil wieder in die Exosphäre freigesetzt.
Dirk Eidemüller
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- Originalveröffentlichung
A. Colaprete et al.: How surface composition and meteoroid impacts mediate sodium and potassium in the lunar exosphere, Science, online 17. Dezember 2015; DOI: 10.1126/science.aad2380 - Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer (LADEE)
RK