24.01.2014

Fördern, aber nicht nach Schema F

Von den verschiedenartigen Fördermöglichkeiten des Europäischen Forschungsrates, wie den „Synergy Grants“, profitiert auch die physikalische Forschung.

Der Europäische Forschungsrat hat neben den schon länger etablierten Starting und Advanced Grants in den letzten Jahren weitere Instrumente entwickelt, um Spitzenforschung zu fördern. Der „Consolidator Grant“ soll beispielsweise kreative Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler dabei fördern, ein unabhängiges exzellentes Forschungsteam aufzubauen. Der „Proof of Concept Grant“ hat dagegen die Aufgabe, viel versprechende Ideen aus ERC-Projekten reif für potenzielle Anwendungen zu machen.

Zu Königsklasse der Forschungsförderung gehören die „Synergy Grants“, die der ERC erstmals im Jahr 2012 ausgelobt hat. Ziel ist es, Projekte zu fördern, „in denen komplementäre Expertise, Fähigkeiten und Ressourcen auf eine Weise zusammenkommen, die wissenschaftliche Durchbrüche ermöglicht“. Für die Antragssteller heißt das, eine möglichst interdisziplinär zusammengesetzte Gruppe von zwei bis maximal vier herausragenden Forscherinnen und Forschern zusammenzubringen, und überzeugend darzulegen, dass sich die jeweilige Fragestellung nur durch die enge Kooperation innerhalb dieser Gruppe erfolgversprechend bearbeiten lässt.

Pro Projekt können bis zu 15 Millionen Euro für eine Laufzeit von sechs Jahren beantragt werden. Kürzlich ist die zweite Auswahlrunde dieses neuen Förderschemas beendet: Unter den 449 Anträgen können sich 13 Projekte über einen Synergy Grant freuen, die Bewilligungsquote liegt damit unter drei Prozent.

Unter den Projekten sid drei mit ausgeprägtem Physik-Bezug, von denen zwei im Wesentlichen in Deutschland angesiedelt sind. Mit „BlackHoleCam“ erhält erstmals ein Projekt aus der Astrophysik einen Synergy Grant. Geleitet wird es von Heino Falcke (U Nimwegen), Michael Kramer (MPI für Radioastronomie, Bonn) und Luciano Rezzolla (U Frankfurt und MPI für Gravitationsphysik, Potsdam).

Die Forscher möchten das Schwarze Loch in unserer Milchstraße direkter nachweisen, indem sie seinen Ereignishorizont beobachten. Die Mittel des ERC-Grants möchten die Astrophysiker zusammen mit ihren internationalen Partnern nutzen, um Radioteleskope bei hoher Frequenz in einem weltweiten Netzwerk interferometrisch zusammenzuschalten. Diese Methode, um extrem kleine Strukturen detektieren zu können, hat Falcke schon vor 15 Jahren vorgeschlagen.

Das im Wesentlichen in Hamburg angesiedelte Projekt „Frontiers in Attosecond X-ray Science: Imaging and Spectroscopy“ (AXSIS) erhält ebenfalls einen Synergy Grant. Leitende Wissenschaftler sind Franz Kärtner (Center for Free-Electron Laser Science CFEL, DESY und U Hamburg), Henry Chapman (CFEL, DESY und U Hamburg), Ralph Aßmann (DESY) und Petra Fromme (Arizona State U). Sie entwickeln eine Art Stroboskop mit ultrakurzen Lichtblitzen im Attosekundenbereich, um ultraschnelle Prozesse in Zeitlupe filmen zu können.

Die dafür im Rahmen des geförderten Projekts entstehende Anlage wird in einem neuen Forschungskomplex für Beschleunigerforschung bei DESY untergebracht. Sie basiert auf einer neuartigen, lasergestützten Teilchenbeschleunigertechnik, die Röntgenstrahlung in sehr viel kürzeren Pulsen aussendet als es bisher machbar ist. Damit soll es gelingen, fundamentale Prozesse auf molekularer und atomarer Ebene zu enträtseln, etwa die Dynamik der Lichtabsorption, des Elektronentransports und der Proteinstruktur bei der.

Am dritten physikalische Projekt „Spin-Charge Conversion and Spin Caloritronics at Hybrid Organic-Inorganic Interfaces” (SC2), das hauptsächlich in Großbritannien angesiedelt ist, ist der theoretische Festkörperphysiker Jairo Sinova von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt. In dem Forschungsprojekt geht es um die Entwicklung neuer Konzepte, die von der Kombination aus anorganischer Spintronik mit organischen Materialien profitieren. Der Vorteil bei der Verwendung von Polymeren wäre die Flexibilität des Materials, die Kontrolle der physikalischen Eigenschaften und die vergleichsweise einfache Herstellung.

In der ersten Auswahlrunde erhielten fünf Projekte aus der Physik einen Synergy Grant, darunter "Diamond Quantum Devices and Biology) an der Universität Ulm und die zwei Projekte "Ultracold Quantum Matter" und "Frontiers in Quantum Materials Control), an denen Physiker deutscher Institute maßgeblich beteiligt sind.

Im Gegensatz zu den anderen ERC Grants, gibt es für die Synergy Grants keine weiteren Ausschreibungen für 2014, da dieses Förderschema zunächst nur für eine zweijährige Pilotphase vorgesehen war. Ob es im Rahmen des neuen europäischen Forschungsrahmenprogramms „Horizont 2020“ weitergeführt wird, ist allerdings noch offen.

Alexander Pawlak

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

Meist gelesen

Themen