Folgenreicher Brexit
Die Mehrheit der Briten hat sich für den Austritt aus der EU entschieden. Auch die DPG bedauert diese weitreichende Entscheidung.
Die Nachricht heute früh glich einem Paukenschlag: 51,9 Prozent der Briten stimmten beim Brexit-Referendum für den Ausstieg aus der EU. Der DAX reagierte mit dem größten Absturz seit 2008, Premierminister David Cameron erklärte nicht sehr überraschend seinen Rücktritt.
Nicht nur politisch und wirtschaftlich wird dieser Ausstieg weitreichende Konsequenzen haben für Großbritannien und auch die EU, sondern auch für die Wissenschaft und die britischen Universitäten. So hatte sich im Vorfeld der Abstimmung unter anderem Stephen Hawking zu Wort gemeldet und gegenüber dem britischen Fernsehsender ITV eindringlich vor dem Austritt gewarnt: „Die Zeiten sind vorbei, in denen wir noch alleine gegen die Welt bestehen können. Wir müssen Teil einer größeren Gruppe von Nationen sein.“
Mit diesem Appell war Hawking nicht allein, auch die Rektoren der britischen Hochschulen haben fast geschlossen in einem offenen Brief in der Sunday Times die überlebenswichtige Rolle der EU bei der Unterstützung ihrer Weltklasse-Unis hervorgehoben. Denn Großbritannien ist nach Deutschland der zweitgrößte Empfänger von Geld aus der EU-Forschungsförderung. Rund acht Milliarden Euro hat Großbritannien zwischen 2006 bis 2015 erhalten – das ist überproportional viel verglichen mit dem Beitrag, den Großbritannien in den EU-Forschungsetat eingezahlt hat.
DPG-Präsident Rolf Heuer hofft weiterhin auf eine gute grenzüberschreitende wissenschaftliche Zusammenarbeit (Foto: DPG / Chiussi 2016)
Darüber hinaus studieren alleine rund 18.000 Deutsche an britischen Universitäten – mehr als 4000 davon im Rahmen des Erasmus-Austauschprogramms. Ob Großbritannien weiterhin vom Erasmus-Programm profitieren wird, ist fraglich. Denn erst 2014 schloss die Europäische Kommission die Schweiz aus Erasmus aus, weil das Land nach einer Volksinitiative gegen Masseneinwanderung ein Protokoll zur Erweiterung der sog. Personenfreizügigkeit mit der EU nicht unterschreiben konnte.
Auch die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) befürchtet weitreichende Konsequenzen für Großbritanniens Wissenschaft und Universitäten. Der Zugang Großbritanniens zu EU-Förderprogrammen dürfte nun deutlich schwerer fallen. Ähnliches gelte für die Mobilität der britischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler innerhalb Europas. „Wir appellieren daher an die Regierung des Vereinten Königreichs sowie an die Verantwortlichen in der EU, den akademischen Austausch über die Grenzen hinweg weiterhin so reibungslos wie möglich zu gestalten“, sagte DPG-Präsident Rolf Heuer.
Die DPG bedauert, dass sich die britischen Wähler dazu entschieden haben, die Europäische Union zu verlassen, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem grenzüberschreitende wissenschaftliche Zusammenarbeit mehr gebraucht wird denn je. Die EU verliere hier einen wertvollen Partner. Die DPG arbeitet aber intensiv daran, auf allen Ebenen ihre guten Beziehungen zur britischen Forschungslandschaft weiter zu stärken und zu fördern. Das gelte auch für das britische Institute of Physics.
Auch wenn noch ungewiss ist, wie die Verträge zwischen EU und Großbritannien aussehen werden, blickt Heuer optimistisch in die Zukunft: „Wir sind überzeugt, dass sich die britischen Forscherinnen und Forscher weiterhin rege in der europäischen Forschungslandschaft engagieren werden – zum Wohle des Vereinigten Königreichs und zum Wohle Europas. Wissenschaft muss helfen, Grenzen zu überwinden.“
Maike Pfalz / DPG