22.06.2016

Fracking mit superkritischem Kohlendioxid

Verzicht auf Wasser könnte Schiefer­gas-Aus­beute erhöhen.

Binnen weniger Jahre steigerten die USA ihre Erdgas- und Erdöl­förderung um ein Viel­faches. Möglich wurde dieser Wandel mit dem Fracking-Verfahren, bei dem unter Hoch­druck verpresstes Wasser, ergänzt mit teilweise giftigen Zusätzen, winzige Risse im Tiefen­gestein erzeugt. Wie genau durch diese Risse das zuvor gebundene Erdgas frei­ge­setzt wird, unter­suchte jetzt ein inter­nationales Forscher­team mit molekular­dynamischen Simu­lationen. Dabei entdeckten sie den Grund für die schon nach wenigen Monaten signi­fikant schrumpfende Förder­raten. Auf der Basis ihrer Berech­nungen schlagen die Forscher vor, statt des derzeit verwen­deten Wassers super­kritisches Kohlen­dioxid als Fracking-Substanz einzu­setzen.

Abb.: Unter Hochdruck verpresstes Wasser erzeugt Risse im Unter­grund, durch die absor­biertes Methan aus nano­porösem Material aus­treten kann. (Bild: B. Coasne et al. / NPG)

In unkonventionellen Schiefergas-Lagerstätten befindet sich das Erdgas in winzigen Poren des Tiefen­gesteins. Dieses nano­poröse Material simu­lierte Benoit Coasne vom Massa­chusetts Institute of Techno­logy zusammen mit franzö­sischen Forschern der Uni­versité Grenoble Alpes. Als Grund­lage für ihr Modell nutzten sie drei verschiedene Struk­turen: Ein Areal aus geord­neten Nano­röhrchen aus Kohlen­stoff, eine nano­poröse, unge­ordnete Kohlen­stoff­matrix und eine Mischung aus hydro­phoben Kohlen­stoff­nano­röhrchen und hydro­philen Quarz-Partikeln. In der Simu­lation ergänzten sie zu jeder nano­porösen Struktur Methan­moleküle, die von dem jeweiligen Material absorbiert wurden.

Mit ihren Berechnungen wollten Coasne und Kollegen nun erklären, wie das absorbierte Methan durch ein Fracking mit Wasser frei­gesetzt werden konnte. Sie nahmen an, dass wie in den realen Lager­stätten unter einem hohem Druck von etwa 25 Mega­pascal verpresstes Wasser bei einer Tempe­ratur von 423 Kelvin die Hohl­räume öffnete. Sank darauf der Druck auf zehn Mega­pascal ab, desor­bierte ein Teil des Methans und könnte gefördert werden. Nach einer gewissen Zeit sank die Frei­setzungs­rate des Methans aller­dings. Den Grund dafür fanden die Forscher im Wasser, das eine Energie­barriere aufbaute und eine voll­ständige Methan-Desorption verhinderte.

Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen der Schiefer­gas-Förder­unter­nehmen. Denn die Gas­aus­beute aus jeder Fracking-Bohrung sinkt bereits nach wenigen Monaten. Erneute Bohrungen und Fracking­prozesse sind notwendig, um die Förder­rate wieder zu erhöhen. In weiteren Simu­lationen verzichteten die Forscher daher auf Wasser, um den Aufbau einer Energie­barriere in wässriger Umgebung zu verhindern. Sie entdeckten, dass mit super­kritischem Kohlen­dioxid statt Wasser als Fracking­flüssig­keit keine Energie­barriere mehr aufbaut. Theoretisch könnte so deutlich mehr Methan aus den Nano­poren des jeweiligen Speicher­materials austreten und gefördert werden.

Diese Ergebnisse könnten eine große Relevanz für die Schiefer­gas-Industrie haben. Aller­dings betonen die Forscher, dass es sich bisher nur um Simu­lationen handelte. Labor­experimente im kleinen Maßstab und Feld­versuche mit super­kritischem Kohlen­dioxid müssten die verbesserte Desorption von Methan erst bestätigen. Gegen diesen Weg sprechen aller­dings die höheren Kosten, wenn auf die bewährten wässrigen Fracking­flüssig­keiten verzichtet würde.

Dennoch wäre ein Pilotversuch für eine Zukunft der Fracking-Techno­logie durchaus interessant. Denn es lockt nicht nur eine höhere Ausbeute. Zudem könnte die Menge an Fracking­flüssig­keit mit einer potenziellen Gefahr für das Grund­wasser verringert werden. Die Forscher halten es sogar für möglich, dass sich das einge­speiste Kohlen­dioxid statt des zuvor absorbierten Methans in die Nano­poren des Gesteins ablagern könnte. Damit böte die nicht nur in Deutsch­land stark umstrittene Fracking­techno­logie die Mög­lich­keit, das Treib­haus­gas Kohlen­dioxid dauer­haft im Boden speichern zu können.

Jan Oliver Löfken

RK

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen