18.06.2008

Frauen sollen Ingenieurslücke schließen

Als Reaktion auf den dramatischen Fachkräftemangel will die Bundesregierung mit einem nationalen Bündnis mehr Frauen zu einem Technik- oder Naturwissenschaft-Studium bewegen.

Berlin (dpa) - Als Reaktion auf den dramatischen Fachkräftemangel will die Bundesregierung mit einem nationalen Bündnis mehr Frauen zu einem Technik- oder Naturwissenschaft-Studium bewegen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gab am Dienstag den Startschuss für die Initiative von Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden, die klassische Rollenbilder aufbrechen soll.

Der Anteil von Studien-Anfängerinnen soll bei Mathematik, Ingenieurs- und Naturwissenschaften sowie Technik (MINT) zunächst um durchschnittlich fünf Prozentpunkte steigen. Bis zum Jahr 2013 werden nach Angaben des Bundes 330 000 Akademiker in Deutschland fehlen - darunter 70 000 Naturwissenschaftler und 85 000 Ingenieure.

Der geringe Frauenanteil verschärft vor allem die Situation in den Branchen Informationswirtschaft und Maschinenbau. Es gebe aktuell mehr als 40 000 offene Stellen für IT-Experten und über 90 000 für Ingenieure, teilte der Telekom-Branchenverband Bitkom mit.

In IT-Berufen sei der Anteil von Mädchen auf Lehrstellen seit 2002 von 14 auf 9,1 Prozent gesunken. «Die jungen Frauen sollten die Berufschancen im Umfeld moderner Technologien aktiv nutzen, statt den alten Rollenbildern nachzuhängen», sagte Bitkom-Präsident August- Wilhelm Scheer.

Schavan sagte in Berlin: «Wir sind überzeugt davon, dass Frauen sich um interessante Arbeitsmöglichkeiten und hervorragende Berufschancen bringen, wenn sie einen Bogen um die MINT-Berufe machen.» Der Bund gibt für den Pakt, zu dem ein Internetportal (www.komm-mach-mint.de) gehört, jährlich drei Millionen Euro.

Zu den Partnern zählen unter anderem die Spitzenverbände der Wirtschaft, Bundesagentur für Arbeit, DGB und IG Metall, Max-Planck- Gesellschaft, Bundeselternrat, Siemens, Telekom, Bosch, Ford, Miele sowie die Medien «Zeit» und «Brigitte».

DGB-Vize Ingrid Sehrbrock sagte, frühere Initiativen hätten magere Ergebnisse geliefert. «MINT-Berufe sind noch echte Männerdomänen, die es für Frauen zu erobern gilt.» Ex-Außenminister Klaus Kinkel forderte mehr Chancen für Frauen: «Wenn wir das Potenzial weiblicher Nachwuchskräfte nicht ausschöpfen, lassen wir die halbe Mannschaft auf der Reservebank.»

Nach Angaben der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Margret Wintermantel, fangen mehr Frauen ein Studium an, entscheiden sich aber zu selten für technische und naturwissenschaftliche Fächer. «Damit sind Frauen in Feldern mit einem hohen Zukunftspotenzial und guten Berufsaussichten nur unzureichend vertreten.»

2007 gab es 72 000 Ingenieurinnen, das sind 11 Prozent aller Ingenieure. Der Frauenanteil bei den Studienanfängerinnen beträgt in Maschinenbau und Informatik je 17 Prozent, in der Elektrotechnik 9 Prozent. Spitze ist Mathematik mit einer Quote von 53 Prozent. Bei den Uni-Absolventen in den MINT-Fächern kommen Frauen auf 31 Prozent. Ein großes Problem bleibt unabhängig von der Geschlechterfrage: etwa jeder dritte Naturwissenschaft-Student bricht sein Studium.

Hintergrund - Schwache Frauenquoten in Technik und Naturwissenschaft
Deutschland weist im europäischen Vergleich mit 22 Prozent einen unterdurchschnittlichen Frauenanteil bei den Hochschulabsolventen der Ingenieurwissenschaften auf. Niedriger liegen nur Großbritannien (21 Prozent), Österreich (20), die Niederlande (16) und die Schweiz (15). Nach Angaben des Bundesbildungsministeriums beträgt der EU-Durchschnitt 27 Prozent.

Auch im Bereich Mathematik und Informatik hat Deutschland mit einem Frauenanteil von 26 Prozent Nachholbedarf gegenüber dem EU-Schnitt von 29 Prozent. In Biowissenschaften, Physik und Agrarwissenschaften weisen nur Griechenland (47), die Niederlande (46) und die Schweiz (41) einen geringeren Frauenanteil aus - der EU-Schnitt ist 54 Prozent.

Dabei sind 56 Prozent der deutschen Abiturienten Frauen. Davon geben in Umfragen wiederum zwar etwa 40 Prozent an, grundsätzlich an Technik und Naturwissenschaften interessiert zu sein. Weniger als ein Viertel (23 Prozent) der Studienanfängerinnen entscheidet sich dann aber für ein Studium dieser Fachrichtungen.

Der Frauenanteil bei den Studienanfängerinnen beträgt in Maschinenbau und Informatik je 17 Prozent, in der Elektrotechnik 9 Prozent - in Mathematik aber 53 Prozent. Im gesamten MINT-Bereich (Mathe, Ingenieure, Naturwissenschaft, Technik) ist der Frauenanteil bei den Absolventen seit 2000 von 26,4 Prozent auf 31,1 Prozent gestiegen. 2007 gab es 72 000 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ingenieurinnen, das entspricht einem Anteil von 11 Prozent.

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