25.07.2017

Freie Elektronen in Sonnen-Protuberanzen

Astrophysiker ermitteln Elektronendichte in Plasmawolken.

Sonnen-Protu­beranzen bestehen aus einem Plasma elektrisch leit­fähiger Ionen und Elektronen, das sich nur sehr einge­schränkt im Magnetfeld bewegen kann. Protu­beranzen-Wolken schweben daher oftmals wochen­lang hoch über derselben Stelle der Sonnen­oberfläche. Ein wichtiges Maß für die Beschreibung dieses Plasmas ist die Dichte der freien Elektronen, die bislang für Sonnen-Protu­beranzen mit Ungenauigkeiten behaftet ist. Wissen­schaftler haben nun die Elektronen-Dichte aus dem Hellig­keits­verhältnis zweier Spektral-Linien neu ermittelt.

Abb.: Fadenförmige Strukturen einer Protuberanz über dem Sonnenrand im Licht der roten Wasserstoff-Emission. (Bild: E. Wiehr)

Hierzu verglichen die Astro­physiker eine Emissions­linie des neutralen Natriums mit einer des ioni­sierten Strontiums. „Da in Protu­beranzen fast alle Atome ionisiert sind, kann das Stron­tium-Ion seine violette Linie sofort ab­strahlen. Das Natrium-Ion hingegen muss erst ein freies Elektron einfangen, bevor es als neutrales Atom die bekannte gelbe Spektral-Linie emit­tieren kann“, so Eberhard Wiehr vom Institut für Astro­physik der Universität Göttingen, der die Studie gemeinsam mit Götz Stell­macher vom Institut d’Astro­physique in Paris verfasst hat. „Das Verhältnis der Stärke beider Emissionen ist daher ein Maß für die Elek­tronen­dichte.“

Erschwert werden die Messungen durch den großen Farb­unterschied beider Spektral­linien, der neben messtechnischen Problemen mit dem Spektrografen des 70-Zentimeter-Sonnen­teleskops auf Teneriffa Einflüsse der Licht­brechung in der Erd­atmosphäre zum Tragen bringt: Bei optimalen Beobachtungs­bedingungen am Morgen, wenn das Luft­flimmern noch gering ist, wird das violette Licht des Strontiums stärker gebrochen als das gelbe des Natriums. „Dadurch scheint die Sonnen­scheibe im Violetten höher zu stehen als im Gelben“, sagt Wiehr.

Mit 20 Milliarden Elek­tronen pro Kubik­zentimeter in hellen und 40 Milliarden in leucht­schwachen Protu­beranzen fanden die Forscher eine etwa zehnmal höhere Dichte als in der umge­benden Sonnen­korona. Während die Elektronen­dichte in der Korona stark mit der Höhe über dem Sonnen­rand abnimmt, trifft dies für Protu­beranzen nicht zu. Ebenso wenig ändert sich die Dichte mit der zeitlichen Entwicklung der Protu­beranz. Dies soll in weiteren Unter­suchungen in diesem Sommer mit dem 45-Zentimeter-Sonnen­teleskop in Locarno über­prüft werden.

Die freien Elektronen der Protu­beranzen stammen zum größten Teil aus der Ionisation von Wasser­stoff. Da dieser sein Elektron durch Einstrahlung von hoch­energetischem UV-Licht abgibt, ist die Elektronen­dichte ein Maß für die UV-Transparenz der Protu­beranzen-Wolken. „Diese hängt auch vom gegen­seitigen Abstand der Protu­beranzen-Strukturen ab, die faden­förmig nach unten hängen. Ihr Durchmesser ist kleiner als 100 Kilometer und damit bisher nicht genau ermit­telbar. Sie aber spielen offenbar eine ent­scheidende Rolle bei den physika­lischen Vorgängen im Protu­beranzen-Plasma“, so Wiehr.

GAU / JOL

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen