24.06.2024

Frost auf Marsvulkanen nachgewiesen

Forschende nutzten hochauflösende Farbbilder von höchsten Bergen im Sonnensystem.

Zum ersten Mal wurde auf den Vulkanen auf dem Mars, den höchsten Bergen in unserem Sonnensystem, Wasserfrost nachgewiesen. Das internationale Team unter der Leitung der Univer­sität Bern verwendete hochauflösende Farbbilder der Berner Marskamera CaSSIS an Bord der Sonde ExoMars Trace Gas Orbiter der Europäischen Weltraum­organisation Esa. Zu verstehen, wo Wasser zu finden ist und wie es transportiert wird, ist für zukünftige Mars­missionen und die mögliche Erkundung des Mars durch den Menschen von Bedeutung.

Abb.: Auch auf dem Olympus Mons, dem höchsten Vulkan im gesamten Sonnensystem,...
Abb.: Auch auf dem Olympus Mons, dem höchsten Vulkan im gesamten Sonnensystem, konnte zum ersten Mal Wasserfrost nachgewiesen werden.
Quelle: ESA / DLR / FU Berlin

Im Rahmen von „ExoMars“ wird zum ersten Mal seit den 1970er-Jahren aktiv nach Leben auf dem Mars geforscht. An Bord des ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) befindet sich das „Color and Stereo Surface Imaging System“ (CaSSIS), ein Kamerasystem, das von einem internationalen Team unter der Leitung von Nicolas Thomas von der Universität Bern entwickelt und gebaut wurde. CaSSIS beobachtet den Mars seit April 2018 und liefert hochauflösende Farbbilder der Mars­oberfläche. Mit diesen Farbbildern konnte ein Team um Adomas Valantinas Wasserfrost auf dem Mars nachweisen.

Der Frost wurde auf den Gipfeln der höchsten Berge des Mars entdeckt – den Tharsis-Vulkanen. Der Olympus Mons etwa ragt bis zu 26 Kilometer über die umliegenden Ebenen hinaus. Diese Frost­bildung war nicht erwartet worden, da diese Berge in niedrigen Breitengraden in der Nähe des Marsäquators liegen. „In diesen niedrigen Breitengraden hält die starke Sonnen­einstrahlung die Oberflächen­temperaturen tendenziell hoch. Daher haben wir nicht erwartet, dass wir dort Frost finden“, so Valantinas. Außerdem kühlt die dünne Atmosphäre auf dem Mars die Oberfläche nur unzureichend ab, so dass hoch gelegene Oberflächen in den Mittags­stunden genauso heiß werden können wie niedrig gelegene, was auf der Erde nicht der Fall ist.

„Aufsteigende Winde bringen wasser­dampfhaltige Luft aus dem Tiefland nach oben, die sich in der Höhe abkühlt und kondensiert. Das ist ein bekanntes Phänomen sowohl auf der Erde als auch auf dem Mars“, sagt Valantinas. Das gleiche Phänomen verursacht die auffällige Arsia Mons Elongated Cloud – und die neue Studie zeigt, dass dieses Phänomen auch auf den Tharsis-Vulkanen zu morgendlichen Frost­ablagerungen führt. „Wie wir anhand der CaSSIS-Bilder sehen konnten, sind die dünnen Reif­ablagerungen nur kurz vorhanden, nämlich für einige Stunden um den Sonnenaufgang herum, bevor sie im Sonnenlicht verdampfen“, so Valantinas weiter.

Um den Frost zu identifizieren, analysierten Valantinas und das Team mehr als 5000 Bilder. Seit April 2018 liefert CaSSIS Beobachtungen zur lokalen Staub­aktivität, zu den jahres­zeitlichen Veränderungen der CO2-Eisvorkommen und zur Existenz von Trockenlawinen auf dem Mars. „Dass wir nun die nächtliche Ablagerung von Wassereis auf dem Mars bei visuellen Wellenlängen und mit hoher Auflösung nachweisen konnten, ist ein weiterer Beweis für die beeindruckenden wissenschaftlichen Fähigkeiten des Berner Kamera­systems“, sagt Nicolas Thomas. Die Entdeckung wurde durch unabhängige Beobachtungen der hoch­auflösenden Stereokamera (HRSC) an Bord des ESA-Orbiters Mars Express und des Spektrometers Nadir and Occultation for Mars Discovery (NOMAD) an Bord von TGO validiert. 

Ernst Hauber, Geologe am DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin sagt: „Diese Studie zeigt sehr schön, wie wertvoll verschiedene Orbital­instrumente sind. Durch die Kombination von Messungen verschiedener Instrumente und Modellierung können wir unser Verständnis der Wechsel­wirkungen zwischen Atmosphäre und Oberfläche auf eine Weise verbessern, die mit einem Instrument allein nicht möglich wäre.“ Die Ergebnisse zeigen gemäß Hauber auch, wie wichtig die langfristige Beobachtung planetarer Prozesse ist, da einige Phänomene erst durch den Vergleich mehrerer Messungen im Laufe der Zeit sichtbar werden. 

Trotz ihrer geringen Dicke – wahrscheinlich nur ein Hundertstel eines Millimeters – bedecken die Frostflecken eine riesige Fläche. „Die Menge an Frost entspricht etwa 150.000 Tonnen Wasser, die während der kalten Jahreszeit jeden Tag zwischen der Oberfläche und der Atmosphäre ausgetauscht werden, was etwa sechzig olympischen Schwimm­becken entspricht“, sagt Valantinas. „Zu verstehen, wo Wasser zu finden ist und wie es sich zwischen den Reservoirs bewegt, ist für viele Aspekte der Marsforschung von Bedeutung“, so Thomas. „Natürlich wollen wir die physikalischen Prozesse verstehen, die das Klima auf dem Mars bestimmen. Aber auch das Verständnis des Wasser­kreislaufs auf dem Mars ist von großer Bedeutung, um wichtige Ressourcen für die künftige Erforschung des Mars durch den Menschen zu finden und herauszufinden, wo es auf dem Mars Wasser gibt und ob der Mars früher oder heute bewohnbar war oder ist“, so Valantinas.

U. Bern / JOL

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