Galliumnitrid-Schaltungen für niedrige Spannungen
Neue Konzepte für Leistungselektronik im Niedervolt-Bereich.
Ob akkubetriebene Anwendungen wie E-Bikes, Robotik oder Drohnen, Antriebs- und Boardsysteme in der Mobilität, oder IT-Infrastrukturen – all diese Bereiche sind auf kostengünstige, effiziente, kompakte Elektronik angewiesen. Damit dieser Bedarf gedeckt werden kann, forscht das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF an Galliumnitrid-basierten Schaltungen für Leistungselektronik-Anwendungen auch bei kleinen Spannungen bis zu 48 Volt.
Die 48 Volt-Klasse hält in letzter Zeit in verschiedensten Branchen Einzug. Grund dafür ist die effizientere Leistungsübertragung, die sie im Vergleich zu noch niedrigeren Versorgungsspannungen bietet. Ein Wechsel zu 48 Volt ist deshalb auch bei Anwendungen, die bisher noch niedrigere Spannungen nutzen, eine ressourcenschonende Alternative. 48 Volt bietet im Gegensatz zu Hochvolt-Leistungselektronik einen optimalen Kompromiss aus Effizienz und Sicherheit, da noch keine aufwendigen Sicherheitsmaßnahmen nötig werden und die Spannungsklasse sich somit auch für alltägliche Anwendungen eignet. Hochintegrierte Galliumnitird (GaN) Komponenten und Systeme sind die ideale Lösung für die 48 Volt-Technik. Denn GaN besitzt im Vergleich zu Silizium (Si) deutlich bessere physikalische Eigenschaften für die Leistungselektronik.
Darüber hinaus lassen sich mit der GaN-Technologie ganze Schaltungsteile auf einem Chip integrieren. So haben die Forscher verschiedene hochintegrierte GaN-Schaltungen und wegweisende Integrationskonzepte für Niedervolt-Anwendungen entwickelt: Zwei sonst nebeneinander realisierte Transistoren einer integrierten Halbbrücke wurden in ein hochkompaktes ineinander verschachteltes Halbbrücken-Design überführt, das besonders flächeneffizient ist. Drei solcher Halbbrücken wurden in einem Motorinverter GaN IC für Niedervolt-Anwendungen integriert und eine fortschrittliche Aufbautechnik für GaN ICs realisiert. Bei verschiedenen Leistungselektronik-Anwendungen kommen schon seit einigen Jahren GaN on Si High-Electron-Mobility-Transistoren (HEMTs) erfolgreich zum Einsatz. Es konnte gezeigt werden, wie mit fortschrittlichen Layouts und neuen analytischen Entwurfskonzepten GaN-Bauelemente künftig noch kompakter und effizienter werden. „In der Forschung und Entwicklung waren bislang vor allem die 600 Volt GaN-Bauelemente im Fokus. Konzepte zum Entwurf von hochkompakten Niedervolt-GaN-Power ICs sind kaum erforscht!“ sagt Richard Reiner, Wissenschaftler am Fraunhofer IAF.
„Die GaN-Technologie erlaubt die Integration einer Halbbrücke bestehend aus zwei Leistungstransistoren in einem Chip, was die Kompaktheit eines Systems deutlich erhöht. Um diesen Vorteil nutzen zu können, ist es aber extrem wichtig die Integration auf Packaging- und Chiplevel zu optimieren,“ erklärt Doktorand Michael Basler. Denn das Packaging der Halbbrücken-ICs stellt durch die hohen Anforderungen bzgl. elektrischer und thermischer Leistung sowie Zuverlässigkeit eine Herausforderung dar. In seinem Vortrag präsentierte der Freiburger Wissenschaftler eine Kombination von GaN ICs mit PCB-Embedding Technologie als eine fortgeschrittene Packaging-Lösung, die sich bis zu einem System-in-Package erweitern lässt und extrem hohe Leistungsdichten bei Niedervolt DC/DC-Wandler ermöglicht.
Neben Einzeltransistoren gibt es bereits kommerzielle GaN Niedervolt-Halbbrücken ICs. Diese integrieren zwar zwei Leistungstransistoren in einem Chip, allerdings lediglich nebeneinander, wodurch noch nicht das volle Potential genutzt wird. Die Forscher haben es jetzt geschafft, beide Halbrückentransistoren in der kleinsten Strukturebene ineinander zu verschachteln, was die Effizienz noch weiter verbessert. Drei dieser Halbbrückenstrukturen wurden in einen 3-Phasen Motorinverter GaN IC integriert. Der Entwickler des Motorinverter GaN ICs, Stefan Mönch, erklärt die Vorteile, die durch den verschachtelten Aufbau entstehen: „Die intrinsische Halbbrücke verbessert die elektrischen Schalteigenschaften, und alle drei Phasen im selben IC reduzieren den Temperaturhub bei Motorbetrieb. Nur ein IC ist auch günstiger und einfacher aufzubauen als sechs Transistoren oder drei Halbbrücken, die man bisher für einen GaN-basierten Motorinverter benötigte.“
Fh.-IAF / JOL