13.03.2014

GeFlashter Jupiter

Am DESY simulieren Forscher mit Röntgenlaser tiefe Atmosphärenschichten von Gasplaneten.

Mit dem Röntgenlaser Flash haben Forscher flüssigen Wasserstoff unter Bedingungen untersucht, wie sie tief in den unteren Atmosphärenschichten großer Gasplaneten wie Jupiter oder Saturn herrschen. Die Beobachtungen des Teams um Ulf Zastrau von der Universität Jena zeigen in einer Art Superzeitlupe, wie flüssiger Wasserstoff zu Plasma wird. Sie geben Aufschluss über Wärmeleitfähigkeit und inneren Energieaustausch, was für die Modellierung der Gasplaneten von großer Bedeutung ist. „Man weiß experimentell kaum etwas über den Wasserstoff im Inneren solcher Planeten“, sagt Zastrau, „auch wenn die theoretischen Modelle schon sehr gut sind.“


Abb.: Versuchsaufbau zur Beprobung von flüssigem Wasserstoff mit dem Röntgenlaser FLASH (Bild: U. Zastrau, Universität Jena)

Für ihre Untersuchungen haben die Forscher flüssigen Wasserstoff zunächst auf 20 K heruntergekühlt, indem sie ihn durch einen mit flüssigem Helium gekühlten Kupferblock pressten. Dies ist nicht trivial, denn der Wasserstoff soll zwar kondensieren, darf aber nicht gefrieren. Am Ende des Kupferblocks ragt eine Düse wie ein Finger in die Vakuum-Experimentierkammer. Aus ihrer Spitze fließt ein feiner Wasserstoffstrahl mit 20 µm Durchmesser. Dieser Aufbau ist in jahrelanger Zusammenarbeit von Universität Rostock und DESY entstanden. Der flüssige Wasserstoff wird von einem kontrollierten weichen Röntgenlaser-Blitz schlagartig auf rund 12.000 °C erhitzt und währenddessen wichtige Stoffkenngrößen des Wasserstoffs gemessen. Dabei nehmen zunächst nur die Elektronen Wärmeenergie auf, die sie dann nach und nach an die Protonen abgeben, bis ein thermisches Gleichgewicht erreicht ist. Die Bindungen innerhalb der Wasserstoffmoleküle brechen dabei auf und es bildet sich ein Plasma aus Elektronen und Protonen. Die Untersuchungen zeigen, dass sich das thermische Gleichgewicht bereits nach knapp einer Pikosekunde einstellt.

„Was wir machen, ist Labor-Astrophysik“, erklärt Zastrau. Bislang stützen sich Forscher im Wesentlichen auf Computermodelle, wenn sie das Innere von Gasplaneten beschreiben. Wichtige Parameter sind dabei die dielektrischen Eigenschaften des Wasserstoffs, unter anderem thermische und elektrische Leitfähigkeit, denn in den großen Gasplaneten findet ein starker Wärmetransport von innen nach außen statt. „Die Untersuchung verrät uns die dielektrischen Eigenschaften des flüssigen Wasserstoffs“, berichtet Koautor Philipp Sperling von der Universität Rostock. „Wenn man weiß, welche thermische und elektrische Leitfähigkeit die einzelnen Wasserstoffschichten in der Atmosphäre eines Gasplaneten haben, lässt sich daraus das zugehörige Temperaturprofil berechnen.“ Mit ihren Versuchen haben die Forscher zunächst einen Punkt im sogenannten Phasendiagramm von Wasserstoff festgelegt. Um ein detailliertes Bild der gesamten Planetenatmosphäre zu erstellen, müssen die Versuche bei möglichst vielen anderen Drücken und Temperaturen wiederholt werden.

Für die beschriebenen Experimente eignet sich der Freie-Elektronen-Laser Flash ideal. „Für die Untersuchung haben wir die einzigartige Möglichkeit von Flash benutzt, die einzelnen Blitze aufzuteilen“, erläutert DESY-Forscher Sven Toleikis. „Die erste Hälfte des Blitzes heizt den Wasserstoff auf, mit der zweiten Hälfte lassen sich dann seine Eigenschaften untersuchen.“ Mit der sogenannten Split-and-Delay-Einheit, die in Zusammenarbeit mit der Universität Münster und dem Helmholtz-Zentrum Berlin entstanden ist, wird die zweite Hälfte des Blitzes gezielt um bis zu 15 Pikosekunden verzögert. Untersucht man das System auf diese Weise zu leicht unterschiedlichen Zeiten, lässt sich in einer Art Superzeitlupe beobachten, wie sich das thermische Gleichgewicht zwischen Elektronen und Protonen einstellt.

Die Interpretation der Beobachtungsdaten ist alles andere als einfach. Die Forscher modellierten den Prozess mithilfe der Dichtefunktionaltheorie, einem Standardwerkzeug zur Simulation von Vielektronensystemen. Allerdings eignet sie sich normalerweise nicht für Systeme mit zwei unterschiedlichen Temperaturen wie im FLASH-Experiment. „Erst nachdem wir die Dichtefunktionaltheorie durch ein Zwei-Temperaturen-Modell erweitert haben, ließ sich die Beobachtung richtig beschreiben“, erklärt der Rostocker Arbeitsgruppenleiter Ronald Redmer.

Die Methode öffnet den Weg für weitergehende Experimente, etwa an dichteren Plasmen schwererer Elemente und an Gemischen, wie sie im Inneren von Planeten vorkommen. Von den Ergebnissen erhofft man sich eine experimentell begründete Antwort auf die Frage, warum sich die Planeten in die zwei Gruppen Gesteins- und Gasplaneten aufteilen und nicht in beliebigen Zusammensetzungen vorkommen.

DESY / MD

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