02.08.2011

Geheimdienst im Zeichen der Physik

Die Papiere von Samuel Goudsmit, Mitentdecker des Elektronenspins und wissenschaftlicher Leiter der Alsos-Mission, sind online.

Im Rahmen ihres Manhattan-Projekts hatten die Amerikaner auch eine wissenschaftliche Geheimdienst-Mission mit dem Tarnnamen „Alsos“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel: Den Stand der deutschen Kernforschung herauszufinden. Die drängendste Frage dabei: Arbeiteten deutsche Forscher ebenfalls an einer Atombombe? Das militärische Kommando der Mission führte Oberst Boris Pash, der wissenschaftliche Leiter war der holländische Physiker Samuel Goudsmit (1902–1978), der seit 1927 in den USA forschte. Ab 1943 waren Alsos-Einheiten in ganz Europa auf der Suche nach Wissenschaftlern, geheimen Laboren, wissenschaftlichen Aufzeichnungen und nicht zuletzt nach Uran oder Uranerz, das dann nach Amerika geschafft wurde. Am 29. November 1944 gingen der Alsos-Mission erstmals deutsche Wissenschaftler ins Netz, die im „Uranverein“ an einem geheimen Atomprogramm gearbeitet hatten. Obwohl deutsche Forscher umfangreiche Unterlagen vernichtet hatten, fielen den Amerikanern viele wichtige Berichte und Briefwechsel in die Hände, die zunächst als „geheim“ und „streng geheim“ eingestuft worden waren.

Abb.: Samuel Goudsmit (rechts) und Marinus Toepel (links) in einem Jeep während der Alsos-III-Mission in Stadtilm, Thüringen. (Bild: US Army)

Das Niels-Bohr-Archiv des American Institute of Physics (AIP) hat nun viele Dokumente der Alsos-Mission zusammen mit den gesammelten Papieren von Samuel Goudsmit online gestellt, insgesamt fast 70000 gescannte Seiten. Wer sich auf Entdeckungstour durch das Online-Archiv macht, kann Goudsmits Korrespondenz mit berühmten Kollegen wie Einstein, Heisenberg, Fermi oder Bethe lesen, erbeutete Berichte und Korrespondenzen von Physikern im Dritten Reich, darunter Carl Friedrich von Weizsäckers Bericht über das Seefelder „Religionsgespräch“ von 1942. Dort hatten sich Gegner und Befürworter einer „Deutschen Physik“ über weltanschauliche Streitpunkte in Bezug auf Relativitätstheorie und Quantenmechanik verständigt.

Samuel Goudsmit hat zusammen mit George Uhlenbeck den Elektronenspin entdeckt. Dafür erhielten beide 1964 die Max-Planck-Medaille der DPG verliehen. Den dazugehörigen Briefwechsel und Goudsmits Manuskript seines Preisträgervortrags sind ebenfalls in den nun zugänglichen Unterlagen zu finden.

Goudsmit gehörte zu derjenigen Alsos-Einheit, welche 1945 die Forschergruppe um Heisenberg gefangen nahm und nach Farm Hall in England brachte. Nach dem Krieg veröffentlichte Goudsmit das kontroverse Buch „Alsos: The failure of german science“ (1947), in dem er den Kernphysikern um Werner Heisenberg wissenschaftliches Versagen vorwarf.

Goudsmit war von 1948 bis zu seiner Pensionierung 1970 am Brookhaven National Laboratory, hielt aber noch bis kurz vor seinem Tode 1978 Vorlesungen, unter anderem am Rockefeller-Institut oder der University of Nevada in Reno. Ab 1953 gehörte Goudsmit auch zum vom CIA einberufenen „Robertson-Panel“, das die Aufgabe hatte, die Lage in Sachen UFOs zu beurteilen. Auch hierzu finden sich zahlreiche Dokumente im Online-Archiv.

Alexander Pawlak

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