28.09.2017

Geimpfte Regenwolken

Forscher simulieren Entstehung von Regen in einer Hochdruckzelle.

Aufgrund vieler mit­einander wirkender Elemente ist es sehr schwierig, Wetter, Wolken und Regen im Computer zu simulieren oder in kontrol­lierten Labor­experi­menten zu untersuchen. Wolken- und Regen­forscher haben sich daher weitgehend auf Feld­messungen und Feldex­perimente verlassen. Beispiels­weise wurden in den 1950er Jahren Experi­mente gemacht, bei denen Trockeneis­granulate in Wolken fallen gelassen wurden, um Ströme von Regen zu erzeugen. Bei diesen Unter­suchungen können ent­scheidende Parameter allerdings nicht gezielt variiert werden, um deren Einfluss zu benennen. Die Erklärung wie und warum diese Wolken­impfung Regen erzeugt, blieb bisher offen.

Abb.: Wolken können sehr unterschiedliche Eigenschaften haben und nicht aus jeder Wolke - wie hier über Irland - fällt Regen. (Bild: C. Hoffrogge)

Einem Team um Eberhard Boden­schatz vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbst­organisation in Göttingen ist es jetzt erstmalig gelungen, Wolken und Regen in einer nur wenige Zenti­meter großer Hochdruck­zelle zu erzeugen. Um die Erdatmo­sphäre erfolg­reich nachzu­ahmen benutzten die Göttinger Forscher eine Mischung aus Schwefelhexa­fluorid (SF6) und Helium (He), welches sie zwischen zwei hori­zontale Platten mit etwa zwei Zenti­meter Abstand füllten. Über Spiegel konnte die Strömung in der Zelle von der Seite beobachtet werden. In diesem System spielte das SF6 die Rolle des atmo­sphärischen Wassers, welches je nach Temperatur und Druck entweder flüssig oder gasförmig ist. Das Helium spielte die Rolle der anderen Gase in der Atmo­sphäre, wie Stickstoff und Sauerstoff.

Die Forscher erhitzten die untere Platte, die obere Platte kühlten sie. „Wir regeln den Druck so, dass SF6 sowohl als Flüssig­keit als auch als Gas vorkommt. Flüssiges SF6 sammelt sich an der unteren warmen Platte und bildet eine Schicht, ähnlich einer Wasser­fläche auf der Erde. Darüber bildete sich eine gasför­migen Schicht aus He und SF6. In dieser Konfi­guration simuliert das Experi­ment ein Meer oder See, von dem stetig Wasser verdampft und nach oben in kühlere Bereiche steigt.“, erläutert Prasanth Prab­hakaran die Idee. Im Experiment konden­sierte das auf­steigende SF6 an der kalten oberen Platte und regnete als kalte Tropfen wieder ab.

Mit Hilfe einer Hoch­geschwindigkeits­kamera konnten die Forscher die fallenden Tropfen auf ihrem Weg durch die wärmere Gasschicht verfolgen. Sie beobach­teten dabei, dass sich hinter den großen Tropfen viele neue kleine Mikro­tröpfchen bildeten. Diese Tröpfchen entstehen, so erklären die Forscher, weil der kalte Tropfen beim Fallen die mit SF6 gesättigte Atmo­sphäre lokal leicht abkühlt, was zu einer Über­sättigung führt und somit flüssiges SF6 als kleine Mikro­tröpfchen auskonden­siert. Ihre Hypothese unterstützt das Team mit thermo­dynamischen Berech­nungen.

Die Forscher vermuten, dass ein ähnlicher Mecha­nismus bei der Bildung von Wolken und Regen eine wichtige Rolle spielt. Für Bedingungen, wie sie in der Atmo­sphäre vorkommen, rechneten sie aus, dass sich vor allem bei sehr großen Regen­tropfen und Hagel­körnern kleine Mikro­tröpfchen in ihrem Nachlauf bilden können. Dies wiederum hätte ent­scheidende Auswirkung auf die Wolkendynamik und somit auf die Nieder­schlagsinten­sität. Hierfür ist weitere Forschung notwendig, da die Atmo­sphäre mit ihren turbu­lenten Bewegungen und starken Winden komplexer ist als das Labor­system. Denn auch Staub und andere Partikel spielen bei der Tröpfchen-Bildung in der Atmo­sphäre eine Schlüssel­rolle, während die Tröpfchen in den Experi­menten hiervon nicht beein­flusst wurden.

In einer Variation des Experi­ments wurde die Menge an SF6 so verringert, dass es zwar an der oberen Platte konden­siert, sich jedoch an der unteren warmen Platte keine flüssige Schicht ausbildet. In diesem Fall war der Temperatur­gradient in der Gasschicht größer und die erzeugten Mikro­tröpfchen formten eine stabile hori­zontale Schicht, ähnlich einer Wolke. Oberhalb dieser Schicht bildeten sich die Mikro­tröpfchen, da hier die Atmo­sphäre kälter und mit „Feuchtig­keit“ über­sättigt war. Darunter war die Atmo­sphäre wärmer und unter­sättigt, so dass die Mikro­tröpfchen verdampften.

Für Eberhard Boden­schatz liefert die Arbeit „ein klares Beispiel dafür, wie uns Labor­versuche von ideali­sierten Problemen helfen können, atmo­sphärische Prozesse besser zu verstehen. So können wir zukünftig die Dynamik und Selbst­organisation bei der Wolken­bildung genauer nachvoll­ziehen.“

MPDS / JOL

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