23.09.2010

Gelungene Integration

Leibniz-Institute haben sich als Wachstumsmotoren für Forschung und Innovation in Ostdeutschland erwiesen.

 

Physik Journal – Leibniz-Institute haben sich als Wachstumsmotoren für Forschung und Innovation in Ostdeutschland erwiesen.

Der 20. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung markiert auch für die Leibniz-Gemeinschaft ein wichtiges Datum. Mit dem Beitritt der neuen Länder galt es, die ostdeutsche Wissenschaft in das bundesrepublikanische Sys­tem zu integrieren. In der Folge wuchs die Zahl der Einrichtungen der so genannten Blauen Liste auf fast das Doppelte an; gemeinsam gründeten diese Institute 1995 die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried-Wilhelm-Leibniz. Heute vereint die Leibniz-Gemeinschaft 86 Forschungsinstitute mit mehr als 16 000 Beschäftigten in fünf Sektionen. Damit hat die Leibniz-Gemeinschaft den bedeutendsten Beitrag aller großen Forschungsorganisationen zur Wiedervereinigung geleistet. Nahezu die Hälfte unserer Einrichtungen befindet sich in den neuen Bundesländern und Berlin; hinzu kommen zahlreiche Zweigstellen und Institutsteile von Leibniz-Instituten aus dem Westen.

Bild: Meinung von Prof. Dr. Karl Ulrich Mayer. Der Soziologe ist seit Anfang Juli 2010 Präsident der Leibniz-Gemeinschaft. Davor war er u. a. Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin und Professor an der Yale University, USA. (Bildquelle: Leibniz-Gemeinschaft, D. Ausserhofer)

Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Instituten der Sektion „Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften“. 15 von 22 Instituten haben ihren Hauptsitz in Ostdeutschland, darunter so renommierte Einrichtungen wie das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie in Berlin, das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoff­forschung in Dresden oder das Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie in Greifswald. Eines dieser 15 Institute hat erst vor wenigen Wochen einen enormen internationalen Erfolg erzielt: Die International Mathematical ­Union (IMU) wird ihren Hauptsitz ab 2011 in Berlin haben, das Büro des IMU-Generalsekretärs wird am Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) angesiedelt sein. Es ist der erste ständige Hauptsitz der Weltvereinigung der Mathematiker überhaupt. Bislang wanderte das Büro mit dem jeweiligen Generalsekretär von Land zu Land. Berlin hatte sich gegen Toronto und Rio de Janeiro durchgesetzt.

Zur Exzellenz, wie wir sie verstehen, gehören aber nicht nur wissenschaftliche Erfolge, sondern auch Technologieentwicklung und Technologietransfer – beides ebenfalls Stärken gerade der ostdeutschen Leibniz-Institute. Das zeigte sich unter anderem beim Programm „Spitzenforschung und Innovation in den Neuen Ländern“ des Bundesforschungsministeriums. Neun Leibniz-Einrichtungen waren 2009 an erfolgreichen Anträgen beteiligt, etwa das Leibniz-Institut für innovative ­Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) und auch das WIAS. So entstehen Wachstumskerne zwischen Greifswald und Dresden, zwischen Rostock und Halle.

Besonders stolz ist die Leibniz-Gemeinschaft darauf, dass sie einer großen Zahl ostdeutscher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Chance geboten hat, ihre Forschungstätigkeit nach der Wiedervereinigung fortzusetzen, vielfach in leitenden Positionen. Die Forschungsförderung von Bund und Ländern hat damit entscheidend dazu beigetragen, dass sowohl die wissenschaftliche als auch die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland dem Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen im gesamten Deutschland näher­gekommen ist.

Die Rolle der Universitäten darf dabei nicht vergessen werden. Sie bringen den qualifizierten Nachwuchs hervor, den die Wissenschaft, den unser Land so dringend braucht. Die Leibniz-Gemeinschaft sieht sich hier als natürlicher Partner der Universitäten, der Hochschulforschung komplementär ergänzt. Angesichts der notorischen Unterfinanzierung der Universitäten eröffnen sich aus unserem Anspruch Chancen der strategischen Zusammenarbeit, etwa in einem WissenschaftsCampus – das ist eine innovative und besonders enge Kooperationsform zwischen Leibniz-Einrichtungen und Universitäten, die vor einem Jahr in Tübingen unter dem Titel „Bildung in Informationsumwelten“ erstmals etabliert wurde. Ein neuer WissenschaftsCampus ist in Halle geplant. Dieses Modell bietet sich zur Förderung von Spitzenforschung an, die ja gerade in der Physik oft teuer ist.

Exzellente Wissenschaft zieht exzellenten Nachwuchs an – die Verwertbarkeit der Ergebnisse sowie Aussichten auf qualifizierte Jobs tun ihr Übriges. Die Leibniz-Gemeinschaft stärkt, wie die anderen Forschungsorganisationen auch, gerade Regionen in Ostdeutschland. Es muss uns gemeinsam mit Bund und Ländern gelingen, das Erreichte zu bewahren und auszubauen. Andernfalls drohen Disparitäten sich zu verschärfen, beispielsweise durch die Abwanderung von Hochqualifizierten. Es wäre fatal, wenn die Integrationsleistung der letzten 20 Jahre gefährdet würde.

Karl Ulrich Mayer

Quelle: Physik Journal, Oktober 2010, S. 3

AH

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