04.10.2016

Genauer 3D-Blick auf die Erde

TanDEM-X liefert globale Geländekarte mit einer Genauigkeit von einem Meter.

Die neue drei­dimensionale Karte der Erde ist fertig. Metergenau zeigen sich jetzt die Berggipfel und Talebenen der ganzen Welt auf einen Blick. Im Rahmen der Satelliten­mission TanDEM-X ist ein globales Höhen­modell entstanden, das im Vergleich zu anderen globalen Daten­sätzen unüber­troffen genau ist und auf einer einheit­lichen Datenbasis beruht. Die rund 150 Millionen Quadrat­kilometer Land­oberfläche wurden aus dem All von Radar­sensoren abgetastet. „TanDEM-X hat ein neues Kapitel in der Fern­erkundung aufgeschlagen. Die Technologie zum Radarbetrieb von zwei Satelliten im engen Formations­flug ist nach wie vor einzigartig – und war der Schlüssel für die hochgenaue Neuver­messung der Erde. Damit hat das DLR seine Vorreiter­rolle unter Beweis gestellt und die Voraus­setzungen für den nächsten großen Entwicklungs­schritt in der satelliten­gestützten Erd­beobachtung geschaffen - für die angestrebte Radarmission Tandem-L“, sagt Pascale Ehrenfreund, Vorstands­vorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft-und Raumfahrt DLR.

Abb.: Die „Nevada Test Site“ war seit 1951 Schauplatz zahlreicher Atombombentests. Das Wüstenareal 100 Kilometer nordwestlich von Las Vegas mit zahlreichen Explosionskratern. (Bild: DLR)

Mehr als 1.000 Wissen­schaftler weltweit nutzen bereits die Daten der Mission. „Mit der Fertig­stellung des globalen TanDEM-X Höhen­modells erwarten wir nochmal eine deutliche Steigerung des wissen­schaftlichen Interesses. Genaue topo­graphische Daten sind essentiell für sämtliche geowissen­schaftliche Anwen­dungen“, so Alberto Moreira, leitender Wissen­schaftler der TanDEM-X-Mission und Direktor des DLR-Instituts für Hochfrequenz­technik und Radar­systeme. Die Anwendungs­möglichkeiten des einzig­artigen Daten­satzes reichen von der Klima-und Umwelt­forschung über das Vermessungs­wesen bis hin zur Infra­struktur­planung beim Stadt- und Straßenbau.

Die Qualität des globalen Höhen­modells übertrifft alle Erwar­tungen: ein Meter beträgt die Höhen­genauigkeit der Gelände­karte – eine Größen­ordnung besser als die geforderten zehn Meter. Dies ist ein Ergebnis der hervor­ragenden Kali­brierung des Systems. So wurde etwa der Abstand der beiden Satelliten im Formations­flug milimetergenau bestimmt. Unerreicht ist auch die globale Abdeckung durch TanDEM-X – sämtliche Land­flächen wurden mehrfach aufgenommen und zu Höhen­modellen verarbeitet. Die Fern­erkundungs­spezialisten des DLR haben dabei eine digitale Weltkarte erstellt, die sich aus über 450.000 Einzel­modellen Pixel um Pixel höhen­genau zusammen­setzt – ein 3D-Mosaik der besonderen Art.

Mit dieser Mission wurde in vielen Bereichen Neuland betreten. Der enge Formationsflug der beiden Satelliten bei Minimal­abständen von 120 Meter ist ebenso zur Routine geworden wie die viel­fältigen Manöver, um die Formation laufend zu verändern und den Anforderungen an die Aufnahme­geometrie anzupassen. Ähnliches gilt für den bistatischen Radar­betrieb: Die simultane Daten­aufnahme mit zwei Radar­satelliten war anfangs eine große Heraus­forderung aber Notwendigkeit, um die hohe Genauigkeit der Höhen­modelle sicher­zustellen. Das DLR ist nun weltweit Vorreiter für diese zukunfts­weisende Technik.

Zwischen Januar 2010 und Dezember 2015 haben die Radar­satelliten über das weltweite Empfangs­netz mehr als 500 Terabyte Daten zur Erde übertragen. Parallel dazu begann 2014 die syste­matische Erstellung der Höhen­modelle. Ausgeklügelte Prozessierungs­ketten verarbeiten die Daten mittels hoch­genauer und effi­zienter Algo­rithmen zu den finalen Höhen­modellen. Dabei ist das Daten­volumen inzwischen auf insgesamt über 2,6 Petabyte gestiegen – die Rechner­systeme erbringen stetig Höchst­leistungen. „Die Verar­beitung dieser Daten war eine spannende Heraus­forderung für uns“, erklärt Richard Bamler, Direktor des DLR-Instituts für Methodik der Fern­erkundung, „Umso mehr faszinieren uns jedoch nun unsere ersten wissen­schaftlichen Analyse­ergebnisse. Anhand des aktuellen Höhen­modells konnten wir zeigen, dass in einigen Regionen der Erde, Gletscher bis zu 30 Meter pro Jahr an Dicke im Bereich der Gletscher­zungen verlieren.“

Abb.: Das linke Bilddrittel wird dominiert vom Cotopaxi. Der sehr regelmäßige, kegelförmige Stratovulkan ist mit 5897 Metern der zweithöchste Berg Ecuadors. In der Umgebung sind die Gipfel der Vulkane Ruminahui (4721 m), Sincholagua (4900 m) und Pasachoa (4200 m) sowie Pichincha (4784 m) sichtbar.(Bild: DLR)

Die Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X haben ihre spezifizierte Lebens­dauer längst über­schritten und funk­tionieren bis heute einwandfrei und so effizient, dass sie noch Treibstoff für mehrere Jahre haben. So ist mit der Fertig­stellung der 3D-Weltkarte noch nicht das Ende der Mission erreicht. Aufgrund der Besonder­heit des Formations­flugs sind weitere wissen­schaftliche Experimente geplant. Moreira weist darauf hin: „Das System Erde ist hochdynamisch, das zeigt sich auch in der Topo­graphie. Mit regel­mäßigen Updates könnten wir solche dynamischen Prozesse künftig systematisch erfassen. Das ist das primäre Ziel der von uns vorge­schlagenen Tandem-L Mission.“

Neue Radar­verfahren mit synthe­tischer Apertur (SAR) erlauben es künftig, innerhalb kurzer Zeit­spannen zeitgleich viel­fältige Daten zur Er­forschung des globalen Öko­systems zu liefern. Die Nachfolge­mission Tandem-L könnte alle acht Tage ein aktuelles Höhenbild der gesamten Landmasse der Erde zur Verfügung stellen und dynamische Prozesse somit zeitgerecht erfassen. Dadurch wäre es auch möglich, Beiträge zur Über­prüfung inter­nationaler Klima- und Umwelt­abkommen zu leisten. Neue Radar­verfahren und innovative Missionen wie Tandem-L sollen künftig dazu beitragen ein besseres Verständnis der dyna­mischen Prozesse zu gewinnen – zum Schutz und Erhalt der Erde. Mit der Fertig­stellung des globalen Höhen­modells TanDEM-X ist nun der Weg bereitet für die nächste Dimension der Radar­fernerkundung.

DLR / JOL

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