05.01.2021

Gequirlte Suprafestkörper

Ultrakalte Quantengase können zugleich fest und flüssig sein.

Ein Suprafestkörper ist flüssig und fest zugleich. Physiker aus Innsbruck und Genf haben erstmals untersucht was geschieht, wenn ein solcher Materie­zustand aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Dabei stießen sie auf einen wissenschaftlich interes­santen weichen Festkörper. Wie die Forscher um Francesca Ferlaino und Thierry Giamarch berichten, ließ sich der Vorgang überraschender­weise auch umkehren und die Supra­festigkeit wiederherstellen.

Abb.: Illlustration eines Suprafest­körpers, der zugleich flüssig und fest...
Abb.: Illlustration eines Suprafest­körpers, der zugleich flüssig und fest ist. (Bild: IQOQI)

Im vergangenen Jahr, mehr als fünfzig Jahre nach ersten theoretischen Vorhersagen, ist es Wissenschaftlern in Pisa, Stuttgart und Innsbruck unabhängig voneinander gelungen, mit ultrakalten Quantengasen aus starkmagnetischen Atomen erstmals Suprafest­körper zu erzeugen. „Aufgrund quanten­physikalischer Effekte kann ein sehr kaltes Gas aus Atomen spontan gleichzeitig eine kristal­line Ordnung wie ein fester Kristall sowie den Teilchenfluss eines Superfluids aufweisen, also einer Quanten­flüssigkeit, die ohne Reibung fließen kann“, erklärt Francesca Ferlaino vom Institut für Quantenoptik und Quanten­information der Öster­reichischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Experimental­physik der Universität Innsbruck. „Stark vereinfacht kann man sich einen dipolaren Suprafest­körper als eine Kette von Quanten­tröpfchen vorstellen, die über eine dünne, sie umgebende supra­flüssige Wolke miteinander kommunizieren“, sagt Thierry Giamarchi, theoretischer Physiker von der Universität Genf.

Nun berichten die Wissen­schaftler nun, wie ein Suprafest­körper reagiert, wenn die supraflüssige Wolke zwischen den Tröpfchen mit Hilfe eines externen Magnetfelds entleert wird. „Wir haben gezeigt, dass die Tröpfchen ohne die Wolke schnell beginnen, sich wie kleine unabhängige Quanten­systeme zu verhalten. Der Suprafest­körper verwandelt sich wieder in einen normalen Festkörper“, sagt Maximilian Sohmen aus dem Team von Francecsa Ferlaino. „Dieser Festkörper ist jedoch weich, er kann sich verformen und unterstützt viele kollektive Anregungen, die Phononen“, sagt Philipp Ilzhöfer vom Innsbrucker Team. „Das macht diesen Zustand zu einem sehr interessanten, aber komplexen Untersuchungs­gegenstand mit starken Verbindungen zur Festkörper­physik und anderen Fachgebieten.“

Den Innsbrucker Physikern gelang es überraschender­weise, diesen Dephasierungs­prozess auch wieder umzukehren: Wenn die Wolke im Hintergrund wieder aufgefüllt wird, beginnen die Tröpfchen wieder durch Tunneln von Teilchen miteinander zu kommunizieren und stellen so die Supra­festigkeit wieder her.

U. Innsbruck / JOL

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