Gigantische kosmische Radioquellen entdeckt
Megahalos von Galaxienhaufen sind bis zu zehn Millionen Lichtjahre groß.
Materie ist im Universum nicht gleichmäßig verteilt, sondern in einer netzartigen Struktur. An den Knotenpunkten dieses kosmischen Netzes befinden sich häufig Tausende von Galaxien. Das Aufeinanderprallen solcher Galaxienhaufen gilt nach dem Urknall als eines der mächtigsten astronomischen Ereignisse überhaupt. Bei solchen Kollisionen werden winzige geladene Teilchen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Dadurch entsteht Radiostrahlung, die mit speziellen Teleskopen messbar ist.
Mithilfe des weltgrößten Radioteleskops, dem Low Frequency Array LOFAR, hat ein internationales Team unter Leitung von Virginia Cuciti von der Uni Hamburg jetzt vier Galaxienhaufen aufgespürt, die von einer Hülle schwacher Radiostrahlung umgeben sind. Dieses Phänomen bezeichnet die Forschungsgruppe als „Megahalos“. Sie sind etwa dreißig Mal größer als alle bisher bekannten Radioquellen. „Wir haben also gigantische kosmische Teilchenbeschleuniger entdeckt“, sagt Cuciti.
„Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die vier entdeckten Megahalos nur die Spitze des Eisbergs eines weit verbreiteten kosmologischen Phänomens sind und künftige Beobachtungen weitere Megahalos zu Tage fördern werden,“ erläutert Cuciti. „Das bedeutet auch, dass weitere Beobachtungen Megahalos in viel mehr Galaxienhaufen aufdecken könnten", fügt Marcus Brüggen von der Uni Hamburg hinzu. Megahalos deuten darauf hin, dass die meisten Teile des Universums mit ultraschnellen Elektronen und mit Magnetfeldern gefüllt sind, und dass es einen Mechanismus geben muss, diese Elektronen sehr effizient zu beschleunigen.
LOFAR ist ein europaweites Netz von Radioantennen, dessen Kernstück sich in den Niederlanden befindet. Das Teleskop ist darauf ausgelegt, niedrigfrequente Radiowellen im Bereich von 10 bis 240 MHz aufzuspüren. Es wird von dem niederländischen Institut für Radioastronomie betrieben. Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Lettland, Polen, Schweden, Bulgarien und Großbritannien sind Partnerländer. Aktuell durchläuft LOFAR ein großes Upgrade, um seine Empfindlichkeit zu erhöhen. Diese Aufrüstung wird es den Forschern ermöglichen, weitere Megahalos zu entdecken.
U. Hamburg / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
V. Cuciti et al., Galaxy clusters enveloped by vast volumes of relativistic electrons, Nature 609, 911 (2022); DOI: 10.1038/s41586-022-05149-3 - Extragalaktische Astrophysik (M. Brüggen), Hamburger Sternwarte, Universität Hamburg