02.12.2011

Glas, das sich selbst reinigt

Dank einer kugelförmigen Nanostruktur wirkt eine fluorierte Beschichtung aus Silikat extrem wasser- und ölabweisend.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz und der Technischen Universität Darmstadt haben mithilfe von Kerzenruß eine durchsichtige super-amphiphobe Beschichtung aus Glas hergestellt. An dem Überzug perlt sowohl Wasser als auch Öl vollkommen ab. Das blieb auch so, als die Forscher die Schicht mit einem Sandstrahl beschädigten. Diese Eigenschaften verdankt das Material seiner Nanostruktur.

Abb.: Das schwammartige Silikat ist quasi aus zahllosen winzigen Kügelchen aufgebaut. Die Kugeloberflächen verhindern, dass das Material von Ölen benetzt wird. (Bild: Science / Xu Deng, MPIP)

Derart versiegelte Oberflächen, könnten überall dort zum Einsatz kommen, wo Verunreinigungen oder auch ein Wasserfilm schädlich oder einfach lästig sind. Eine durchsichtige stark wasser- und ölabweisende Beschichtung, wie sie die Mainzer Forscher nun präsentieren, könnte nicht nur Wasser und Schmutz von Brillengläsern und Autoscheiben, sondern auch von den Glasfronten an Hochhäusern fernhalten. Sie könnte zudem in medizinischen Geräten Rückstände von Blut oder verunreinigten Flüssigkeiten verhindern.

Dabei besteht die Beschichtung im Wesentlichen aus einem denkbar einfachen Material: Silikat, dem Hauptbestandteil von jedem Glas. Das haben die Forscher mit einer fluorhaltigen Silizium-Verbindung überzogen, was die Schicht an sich schon wasser- und ölabweisend wie eine Teflonpfanne macht. Der eigentliche Clou aber liegt in der Struktur des Überzugs. Durch sie wird das Glas super-wasser- und gleichzeitig super-ölabweisend. In einer so beschichteten Pfanne würden Wasser und Öl nur als Tropfen herumkullern. Die Schicht ist nämlich wie ein schwammartiges Labyrinth völlig ungeordneter Poren gebaut, das aus winzigen Kugeln zusammengesetzt ist.

Für praktische Anwendungen empfiehlt sich eine solche Beschichtung nicht zuletzt deshalb, weil sie so leicht herzustellen sind. Als Modell für die poröse Kugelstruktur diente den Forschern der Ruß einer Kerzenflamme, von dem sie quasi einen Glasabruck machten. Zunächst hielten sie ein Glasplättchen in eine Flamme, so dass die rund 40 Nanometer großen, runden Rußpartikel auf dem Glas eine schwammartige Struktur bildeten. Diese überzogen sie nun in einem Glasgefäß mit Silikat, indem sie eine flüchtige organische Silizium-Verbindung und Ammoniak auf die Rußablagerung dampften. Als sie das Material anschließend erhitzten, zersetzte sich der Ruß. Auf die hohle Silikatstruktur dampften sie schließlich noch die fluorhaltigen Silizium-Verbindung.

Die Beschichtung versuchten sie dann mit verschiedenen Flüssigkeiten zu benetzen. Aber das gelang ihnen nicht einmal, als sie darauf aus großer Höhe Hexadekan tropfen ließen, das sich auf einer Teflonpfanne ausbreitet wie Wasser im Waschbecken. Ein Tropfen des Öls drang zunächst in die schwammartige Struktur ein, sprang dann aber wie ein Flummi wieder hoch. Dabei blieb zwar ein Teil der Flüssigkeit in den Poren zurück und benetzte das Material. Als der größere Teil des Tropfens nach dem Auftitschen aber mit geringerem Tempo zurück auf die Oberfläche viel, zog er den zurückgebliebenen Teil des Hexans wieder aus den Glasporen. Schließlich blieb der wiedervereinigte Tropfen wie ein Ball auf der Oberfläche liegen. Auch keine andere der insgesamt sieben Flüssigkeiten, mit denen die Mainzer Forscher die super-amphiphobe Schicht testeten, saugte der Glasschwamm auf.

Selbst wenn ein Teil der Schicht abgetragen wird, bleibt die Glasstruktur super-amphiphob. Denn sie ist in ihrem Inneren genauso aufgebaut wie an ihrer Oberfläche. Erst wenn sie dünner als ein Mikrometer wird, verliert sie ihre selbstreinigenden Eigenschaften. Genau das dürfte derzeit in der Praxis noch recht bald passieren, selbst wenn die selbstreinigende Schwammstruktur ein Brillenglas oder eine Fensterscheibe mehrere Mikrometer dick einhüllt. Denn als die Mainzer Forscher Sand auf die filigrane Glasstruktur rieseln ließen, wurde der Überzug recht schnell abgerieben.

Die Forscher wollen anhand solcher Beschichtungen aber auch mehr über die Faktoren herausfinden, die entscheiden, wie gut ein Material Wasser und Öl abstößt. Sobald die Forscher systematisch verstehen, warum eine Flüssigkeit eine Oberfläche benetzt oder nicht, könnten Industrieunternehmen gezielt selbstreinigende Beschichtungen für Anwendungen in Architektur, Optik oder Medizin entwickeln.

MPIP / PH

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