17.05.2018

Glas wie Kunststoff bearbeiten

Materialwissenschaftler entwickeln neue Umform­technik.

Reines Quarzglas ist hoch transparent und sehr resistent gegenüber ther­mischen, physi­ka­lischen und chemischen Ein­wir­kungen – opti­male Voraus­setzungen für den Einsatz in der Optik, der Daten- oder Medizin­technik. Für eine effi­ziente und quali­tativ hoch­wertige Bearbei­tung fehlen jedoch geeignete Ver­fahren. Wissen­schaftler am Karls­ruher Institut für Techno­logie haben eine Form­gebungs­technik ent­wickelt, mit der sie Quarz­glas wie Kunst­stoff struk­tu­rieren können.

Abb.: Glassomer kann wie Kunst­stoff gefräst, gedreht, gelasert oder in CNC-Maschinen bearbeitet werden. (Bild: M. Breig, KIT)



„Hochreines Quarzglas und seine hervorragenden Eigenschaften mit einer ein­fachen Techno­logie zu dessen Struk­turie­rung zu ver­binden, ist seit jeher eine riesen Heraus­forderung“, erklärt Bastian Rapp vom KIT. Für die indus­tri­elle Glas­bearbei­tung ent­wickeln Rapp und sein Team neue Ver­fahren. „Statt Glas auf bis zu 800 Grad Celsius zu erhitzen und dann in Form zu bringen oder Teile von Glas­blöcken mittels Laser­bearbei­tung oder Ätzen zu struk­tu­rieren, setzen wir an den kleinsten Glas-Teilchen an.“ Die Wissen­schaftler rühren Glas­partikel in der Größe von vierzig Nano­metern in flüs­sigen Kunst­stoff ein, formen das Gemisch wie einen Sand­kuchen und härten es durch Erwär­mung oder Belich­tung zu einem Fest­stoff aus, der zu sechzig Prozent aus Glas­partikeln und zu vierzig Prozent aus Kunst­stoff­partikeln besteht. Die Polymere wirken dabei wie ein Kleber, der die Glas­partikel an der richtigen Stelle fest­hält und so die Form fixiert.

Dieses Glassomer kann wie ein herkömmlicher Kunststoff gefräst, gedreht, gelasert oder auch in CNC-Maschinen bear­beitet werden. „Wir öffnen die gesamte Band­breite der Polymer­umform­technik für Glas“, betont Rapp. Für die Her­stel­lung von hoch­leis­tungs­fähigen Linsen, die unter anderem in Smart­phones zum Einsatz kommen, fertigen die Wissen­schaftler zum Beispiel eine Stange aus Glassomer, aus der sie die Linsen heraus drehen. Für ein hoch­reines Quarz­glas müssen sie die Polymere im Komposit wieder ent­fernen. Hierfür werden die Linsen in einem Ofen bei fünf- bis sechs­hundert Grad Celsius erhitzt. Der Kunst­stoff ver­brennt dabei voll­ständig zu Kohlen­dioxid. Um die hier­bei ent­ste­henden Lücken im Material zu schließen, werden die Linsen bei 1300 Grad Celsius gesin­tert, ein Prozess, bei dem sich die ver­blei­benden Glas­partikel zu poren­freiem Glas ver­dichten.

Dieses Formgebungsverfahren ermöglicht die Herstellung von Materi­alien aus hoch­reinem Glas für all jene Anwen­dungen, für die bisher ledig­lich Kunst­stoffe ein­ge­setzt werden können. Das bietet der glas­ver­arbei­tenden Industrie ebenso neue Möglich­keiten wie der optischen Industrie, der Mikro­elek­tronik, Bio­techno­logie und Medizin­technik. „Das Ver­fahren eignet sich für die Massen­pro­duk­tion und macht Quarz­glas in der Her­stel­lung und im Ein­satz billiger, nach­haltiger und energie­effi­zienter als Spezial­kunst­stoff“, erklärt Rapp.

KIT / RK

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