04.09.2025

Glycocalyx erstmals auf molekularer Ebene analysiert

Mit einer besonderen Mikroskopiemethode und einer speziellen Markierungstechnik konnten erstmals einzelne Moleküle in der komplexen Zuckerschicht der menschlichen Zellen dargestellt werden.

Wie ein Mantel umgibt die Glycocalyx alle Zellen im menschlichen Körper. Diese komplexe Zuckerschicht spielt eine Schlüsselrolle im Verlauf zahlreicher Erkrankungen – etwa bei Krebs oder Autoimmunerkrankungen. Forschende am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) ist es gelungen, innerhalb der Glycocalyx erstmals einzelne Zucker mit molekularer Auflösung dazustellen und ihre räumliche Anordnung mit ihrer biologischen Funktion in Verbindung zu bringen. Die Erkenntnisse eröffnen völlig neue Perspektiven für das Verständnis dieser wichtigen Zellstruktur – mit weitreichenden Konsequenzen für Diagnose und Therapie.

Künstlerische Darstellung einzeln aufgelöster Glykane vor ganzen Zellen
Künstlerische Darstellung einzeln aufgelöster Glykane vor ganzen Zellen
Quelle: Guadalupe Arribas / MPL

Die Glycocalyx ist der „Türsteher“ der Zelle: Alles, was sich der Zelle nähert, interagiert zuerst mit ihr. In den letzten Jahren ist die Glycocalyx zunehmend in den Fokus der biomedizinischen Forschung gerückt, da sie zahlreiche Prozesse im Zusammenhang mit Gesundheit und Krankheit beeinflusst. Trotzdem war es bislang nicht möglich, ihre räumliche Organisation mit ihrer biologischen Funktion zu verbinden. Grund dafür ist unter anderem, dass diese Organisation auf einer Skala von nur einem Nanometer stattfindet; eine Größenordnung, die mit bisherigen Methoden optisch nicht sichtbar gemacht werden konnte.

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Lennart J. K. Weiß, Andreas R. Bausch und Friedrich C. Simmel • 3/2025 • Seite 28

Komplexe Biosysteme entwerfen

Nun ist einem Team am MPL mithilfe einer besonderen Mikroskopiemethode in Kombination mit einer speziellen chemischen Markierungstechnik ein Durchbruch gelungen – einzelne Zuckermoleküle in der Glycocalyx auf der Zelloberfläche darzustellen.

Dafür kombinierten die Forschenden eine spezielle lokalisations­mikro­skopische Methode (Resolution Enhancement by Sequential Imaging, RESI) und bio­ortho­gonale Chemie. In der bio­ortho­gonalen Chemie wird der Metabolismus der Zelle verwendet, um spezi­fische Markierungen an Ziel­strukturen anzubringen. Die Forschung erfolgte in Koope­ration der Gruppe von Leonhard Möckl mit der von Ralf Jungmann vom MPI für Biochemie in Martins­ried. Die hochpräzise Auflösung im Bereich eines einzigen Nano­meters erlaubt es den Forschenden, Zucker nicht nur zu zählen und ihre Inter­aktionen miteinander zu verstehen, sondern auch ihre Anordnung und Kommuni­kation in der natürlichen Umgebung der Zelle zu erfassen. Wie auf einer Landkarte wird damit sichtbar, welche Dichte einzelne Zucker an verschie­denen Stellen der Zelle haben und wie sich diese Anordnung im Verlauf von zellulären Ereig­nissen wandelt.

Prof. Leonhard Möckl, MPL-Forschungsgruppenleiter.
MPL-Forschungsgruppenleiter Prof. Leonhard Möckl
Quelle: Stephan Spangenberg, MPL

„Dieses Ergebnis ist für mich ein lang angestrebtes Ziel“, sagt Leonhard Möckl, Leiter der MPL-Forschungsgruppe Physikalische Glycowissenschaften und Professor für nanooptische Bildgebung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Ich habe schon in meiner Promotion überlegt, wie man das Verhältnis von Glycocalyx und Zelle verstehen kann. Schon damals war ich überzeugt, dass es nur klappen kann, wenn wir verstehen, wie die Glycocalyx auf molekularer Ebene organisiert ist. Dass wir jetzt die Organisation einzelner Zucker darstellen können, ist die Erfüllung eines Traums.“ Die Ergebnisse ermöglichen nun funktionale Rückschlüsse auf zelluläre Prozesse – etwa wie genetische Mutationen während der Krebsentstehung die Glycocalyx verändern – und eröffnen neue Wege für klinische Anwendungen im Bereich der Diagnostik und Therapie. [MPL / dre]

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