26.04.2013

„Go for Spacelab activities“

D2-Mission vor zwanzig Jahren: Krallenfrösche und Kristalle in der Schwerelosigkeit.

Am 26. April 1993, 18.51 Uhr Mitteleuropäischer Zeit gab das Mission Control Center der NASA grünes Licht für den Beginn der Experimente im Spacelab. Fast zwei Monate hatten die deutschen Astronauten Hans Schlegel und Ulrich Walter und ihre amerikanischen Kollegen warten müssen, bis mit diesem Kommando endlich ihre D2-Mission im All beginnen konnte. Undichte Feststoffraketen, Ladebuchttüren, die nicht schließen wollten, oder auch ein geplatzter Hydraulikschlauch hatten bereits mehrmals für Verschiebungen des jeweiligen Starttermins gesorgt. Am 22. März schließlich war es ein fehlerhaftes Ventil, das den Bordcomputer der Columbia den Start noch abbrechen ließ, während die Shuttletriebwerke bereits gezündet hatten. Die D2-Mission, bei der im Spacelab 88 Experimente in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden sollten, stellte alle Beteiligten auf eine harte Geduldsprobe.

Abb.: Hans Schlegel (vorne) an der Experimentieranlage für die Physik der Flüssigkeiten (FPM) im Rahmen der D2-Mission, Shuttleflug STS-55 (Bild: DLR; CC-BY 3.0)

Der erfolgreiche Start brachte schließlich die Wende: Bereits auf dem Weg ins Weltall führten Schlegel und Walter die ersten medizinischen Experimente durch. Im Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hieß es in den nächsten zehn Tagen „Schichtdienst rund um die Uhr“, denn Oberpfaffenhofen überwachte und steuerte alle Experimente.

Nicht nur das Team am Boden arbeitete rund um die Uhr, auch die Astronauten waren in zwei Schichten eingeteilt und wechselten sich bei den Experimenten ab. Jede Minute in der Schwerelosigkeit war kostbar – neun Tage sollte die Mission dauern. Eine Kamera an Bord blickte zur Milchstraße, eine fotografierte die Erdoberfläche. Im Biolabor tummelten sich Larven des Südafrikanischen Krallenfrosches und des Buntbarsches, um ihre Reaktion auf die Schwerelosigkeit zu beobachten. Auch Tabak, Sonnenblume und Fingerhut wurde auf die Reise in die Schwerelosigkeit geschickt – ihre Zellen sollten im All miteinander verschmelzen. Ulrich Walter strampelte auf dem Fahrrad-Ergometer und erfasste dabei die Zusammensetzung seiner Atemluft. Hans Schlegel züchtete in der MEDEA-Anlage Gallium-Arsenid-Kristalle. Mit den insgesamt 88 europäischen, amerikanischen und japanischen Experimenten übertraf die D2-Mission ihre Vorgängermission D1, die 1985 um die Erde kreiste.

Für Furore sorgte ein kleiner Würfel, der in der Schwerelosigkeit schwebte: Am 2. Mai steuerte ein DLR-Wissenschaftler aus dem Team von Prof. Gerd Hirzinger in Oberpfaffenhofen vom Boden aus den Roboterarm ROTEX, der 300 Kilometer über der Erde ferngesteuert den Würfel einfing. Erstmals in der Geschichte der Raumfahrt fing ein Roboter ferngelenkt einen Gegenstand im Weltall ein. Heute, arbeiten die Wissenschaftler des Robotik- und Mechatronikzentrums des DLR am Robotersystem MIROSURGE, dass Chirurgen über Fernsteuerung bei Operationen unterstützen soll. Roboter Justin lässt sich über Telepräsenz dirigieren und könnte in Zukunft Astronauten bei Wartungsarbeiten im Weltraum helfen. Und mit dem Projekt DEOS im All nach defekten Satelliten greifen und sie reparieren.

Abb.: Im DLR-Kontrollzentrum waren die Konsolen während der D2-Mission rund um die Uhr besetzt. Von dort aus überwachten und steuerten die Ingenieure und Wissenschaftler alle Experimente. (Bild: DLR)

Am 7. Tag kam schließlich dann die gute Nachricht: Die Stromversorgung hatte genügend Reserven für einen zehnten Missionstag. „Das war wertvolle Zeit“, erinnert sich Missionmanager Dodeck. Unter anderem gingen die materialphysikalischen Versuche weiter, das medizinische Labor Anthro-Rack blieb in Betrieb, ROTEX sollte weitere Aufgaben erfüllen. Der Zusatztag verhalf auch einem weiteren Experiment zu seiner Erfindung: Ohne Eingriffe in den Körper maß Schlegel mit der Ballistokardiographie die Schwingungen, die der Herzschlag auf den Körper ausübt.

„In den vergangenen zwanzig Jahren seit der D2-Mission ist viel geschehen: Die Spaceshuttles fliegen nicht mehr, und eine Internationale Raumstation kreist als Forschungslabor rund um die Uhr um die Erde – aber die D2-Mission ist und bleibt im Rückblick ein wichtiger Meilenstein mit wichtigen Forschungserfolgen“, sagt Missionsmanager Dodeck. Am 6. Mai 1993 schließlich kehrten die Astronauten wieder zur Erde zurück. Dieses Mal war es dann das Wetter, das den sorgfältigen Planungen einen Strich durch die Rechnung machte: Statt in Florida zu landen, musste die Columbia auf die Edwards Air Force Base in Kalifornien ausweichen.

DLR / OD

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