Graphen als Frontkontakt für Solarzellen
Raffiniertes Verfahren kann empfindliche Perowskit-Schicht von Tandem-Solarzellen mit Graphen beschichten.
Siliziumschichten wandeln vor allem die roten Spektralanteile des Sonnenlichts sehr effektiv in elektrische Energie um, während die blauen Anteile teilweise als Wärme „verloren“ gehen. Um diesen Verlust zu reduzieren, kombiniert man die Siliziumzelle mit einer weiteren Solarzelle, die vor allem die blauen Anteile umwandelt. Mit solchen Tandemzellen haben Teams am HZB bereits ausgiebig Erfahrung gesammelt. Eine besonders gute Ergänzung zum etablierten Silizium ist das hybride Material Perowskit: Es besteht sowohl aus organischen als auch anorganischen Komponenten und besitzt eine Bandlücke von 1,6 Elektronenvolt. Allerdings ist es sehr schwierig, die Perowskit-Schicht mit einem transparenten Frontkontakt zu versehen. Konventionelle Lösungen wie das Aufsputtern von Indium-Zinn-Oxid (ITO) zerstören sie nämlich.
Abb.: Die Tandem-Solarzelle besteht (von unten nach oben, wie der Lichteinfall) aus der Perowskit-Schicht (schwarz, 200-300 nm), Spiro.OMeTAD (beige, 200-300 nm), Graphen (am Rand mit Gold kontaktiert), einem Glasträger sowie der aSi-cSi-Schicht (lila; Bild: F. Lang / HZB)
Nun hat eine Gruppe um Norbert Nickel eine neue Lösung vorgestellt: Marc Gluba und Felix Lang haben ein Verfahren entwickelt, um die Perowskit-Schicht gleichmäßig mit dem vollkommen transparenten Graphen zu bedecken: Im ersten Schritt lassen die Wissenschaftler das Graphen aus einer Methanatmosphäre bei etwa tausend Grad auf einer Kupferfolie aufwachsen. Für das weitere Vorgehen stabilisieren sie die empfindliche Schicht mit einem Lack, der das Graphen vor Zerreißen schützt. Denn im folgenden Schritt ätzt Lang die Kupferfolie weg. So kann er im Anschluss die nun freistehende Graphen-Lack-Schicht auf das Perovskit übertragen. „Dies wird normalerweise in Wasser gemacht, die Solarzelle fischt dann sozusagen die auf der Oberfläche schwimmende Graphenfolie auf. In diesem Fall ging das aber nicht, denn Perowskit ist höchst wasserempfindlich. Wir mussten daher eine andere Flüssigkeit finden, die das Perowskit nicht angreift und dennoch möglichst wasserähnlich ist“, erklärt Gluba.
Dass die Graphenschicht in mehreren Hinsichten ein idealer Frontkontakt ist, zeigten die anschließenden Messungen: Wegen der nahezu vollständigen Transparenz geht kein Sonnenlicht für die Energieumwandlung verloren. Vor allem aber gibt es keine Einbußen bei der Leerlaufspannung, wie es beim Aufsputtern von ITO der Fall ist. „Diese Lösung ist in der Handhabung vergleichsweise einfach und günstig“, sagt Norbert Nickel. „Uns ist es damit gelungen, zum ersten Mal Graphen direkt auf eine Perowskit-Solarzelle zu übertragen und so eine hoch effiziente Tandemzelle mit einem transparenten Frontkontakt aus Graphen zu realisieren.“
HZB / OD