23.12.2015

Gravitationswellen mit Quantensuperposition nachweisen

Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-Atomen als Detektor.

Beschleunigte Massen wie in einem Doppelstern-System erzeugen Gravi­tations­­wellen. Doch solche Wellen konnten bisher nur indirekt nachge­wiesen werden. Einen neuen Ansatz für einen direkten Nachweis fand nun eine Forscher­gruppe an der kalifornischen Stanford University. Ihnen gelang mit einem Bose-Einstein-Kondensat die Trennung zweier Wellen­pakete über einen Abstand von etwa einem halben Meter. Damit zeigten sie erstmals, dass eine Quanten­super­position auch im makro­skopischen Maßstab experimentell möglich ist.

Abb.: In dieser zehn Meter hohe Vakuumkammer (Stahlrohr in der Mitte) sperrten Physiker ein Bose-Einstein-Kondensat ein, um räumlich weit voneinander getrennte Wellenpakete zu erzeugen. (Bild: M. Kasevich et al., Stanford U)

Für ihr Experiment kühlten Mark Kasevich und seine Kollegen eine Wolke aus etwa hundert­tausend Rubidium­atomen fast bis auf den absoluten Null­punkt im Sub-Nano­kelvin-Bereich ab. Dabei entstand – fixiert in einer magneto­optischen Falle – ein Bose-Einstein-Kondensat, kurz BEK, in dem alle Atome ihre Eigen­ständigkeit aufgaben und sich wie ein großes Superatom verhielten. Im Zentrum einer zehn Meter hohen Vakuum­kammer konnte das BEK für mehrere Dutzend Sekunden stabilisiert werden.

Mit einer Serie von Laserpulsen brachten die Physiker alle Atome dazu, sich über einen größeren Bereich zu delokalisieren. Dieser Zustand lässt sich mit zwei Wellen­paketen beschreiben, die jeweils voneinander verschiedene Ausbreitungs-Charakteristiken zeigen. Innerhalb von 1,04 Sekunden konnten sich diese Wellenpakete bis zu 54 Zentimeter voneinander trennen. Abermals durch Laserpulse angeregt, führten die Forscher die Wellenpakete wieder zusammen, so dass sie sich über­lagerten ohne sich gegenseitig zu beein­flussen. Diese Quanten­super­position ließ sich über ein Inter­fero­meter mit gekoppeltem CCD-Chip nachweisen und sichtbar machen.

Diese ungewöhnlich große räumliche Trennung von Wellen­paketen eines Bose-Einstein-Kondensats stellt nicht nur ein beein­druckendes Grundlagen­experiment dar. Kasevich hält es auch für möglich, dass die Quanten­super­position über einen halben Meter und mehr zu extrem empfindlichen Sensoren von relativis­tischen Quanten­effekten und sogar für einen direkten Nachweis von Gravitations­wellen genutzt werden könnte. Dabei könnten voneinander räumlich getrennte Wellen­pakete eines Atoms mit verschiedenen Abschnitten einer Gravitations­welle wechsel­wirken. Dieser Effekt würde bei erneuter Über­lagerung der Wellen­pakete zu einem veränderten Interferenz-Phänomen führen. Ob diese Idee jedoch tatsächlich neuartige Gravitations­wellen-Detektoren ermöglichen wird, lässt sich heute noch nicht absehen.

Jan Oliver Löfken

RK

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