06.09.2018

Grenzen zwischen Quantenmechanik und Gravitation überschreiten

Freigeist-Fellowship der Volkswagen-Stiftung für André Großardt.

Zwischen Quantenmechanik und Gravitationstheorie liegen Welten. Während bei ersterer Mole­küle mit acht­hundert Atomen die größt­mög­liche Unter­suchungs­ein­heit bilden, werden zum Erforschen der Gravi­ta­tions­kraft erst Massen ab mehreren hundert Gramm rele­vant. „Das ent­spricht in etwa dem Ver­hältnis eines Salz­korns zum Mount Everest“, erklärt André Großardt. Der theore­tische Physiker möchte diese Diskre­panz deut­lich ver­ringern, „um in der Zukunft die Wechsel­wirkung von Quanten­mechanik und Gravi­ta­tion experi­mentell unter­suchen zu können.“ Für das außer­ge­wöhn­liche Vor­haben erhält er nun von der Volks­wagen-Stiftung eine Frei­geist-Fellow­ship am Institut für theore­tische Physik der Friedrich-Schiller-Univer­sität Jena. Die Stiftung fördert das Projekt „Dekohä­renz in gravi­tie­renden Quanten­systemen und Quanten­systemen im Gravi­ta­tions­feld“ über fünf Jahre mit einer Summe von rund 960.000 Euro. Aus etwa neunzig Bewer­bungen aller Fach­rich­tungen wurden acht Fellows mit unkon­ventio­nellen und gewagten Forschungs­ideen aus­ge­wählt.

Abb.: Frei­geist-Fellow André Großardt. (Bild: A. Großardt)

Großardt, der derzeit noch an der Queen's University Belfast in Nord­irland forscht, wird dafür ab dem kommenden Jahr an der Uni Jena eine Nach­wuchs­gruppe mit drei Dokto­randen leiten. „Bis­lang gibt es für die all­ge­meine Relati­vitäts­theorie keine Quanten­beschrei­bung. Umge­kehrt wird auch die Quanten­mechanik nur ohne Berück­sich­ti­gung der Gravi­tation unter­sucht“, erläutert er. „Wir möchten bedeu­tende offene Fragen der theore­tischen Physik klären und damit den Grund­stein für Experi­mente legen, die bald möglich sein könnten.“

Die Vereinigung der bisher als unvereinbar geltenden Forschungs­felder könnte unter Nutzung des Super­posi­tions­prinzips gelingen. „Durch Super­position können quanten­mecha­nische Teil­chen an zwei Orten zugleich sein. In diesem Zustand wollen wir die Anziehung unter­suchen, um mit Hilfe von Labor­experi­menten Ein­blicke in das Zusammen­spiel von Gravi­ta­tion und Quanten­theorie zu erhalten“, sagt der 33-jährige Frei­geist-Stipendiat. „Ein denk­bares Ergebnis wäre, dass die Gravi­ta­tion als Quanten­theorie beschrieben werden kann: Die Teil­chen würden ein ähn­liches Ver­halten an den Tag legen, wie es für die elek­trische Kraft bereits unter­sucht und ver­standen ist. Alter­nativ könnten die unter­suchten Teil­chen auch die Eigen­schaften ent­sprechend der Relati­vitäts­theorie behalten, dann ent­zöge sich die Gravi­ta­tion der Quanten­theorie und wäre von anderen Kräften grund­sätz­lich ver­schieden", erklärt Großardt.


An der Uni Jena findet er für sein Vorhaben beste Bedingungen vor. „Die Instituts­leitung der war sofort auf­ge­schlossen und angetan von meiner Projekt­idee. Ich bin gespannt und freue mich auf diese Zeit“, so der gebürtige Offen­burger, der 2019 mit seiner Frau und zwei Kindern in die Saale­stadt ziehen wird. Großardt wurde das über­greifende Interesse in die wissen­schaft­liche Wiege gelegt: Während er sich in seiner Promo­tion an der Uni Bremen mit Ein­steins Relati­vitäts­theorie befasste, ver­schrieb er sich als Post-Doc an der Uni Triest in Italien vor­rangig der Quanten­theorie. In Belfast arbeitet er im Rahmen eines Feodor Lynen-Fellow­ships der Alexander-von-Humboldt-Stiftung eng mit Experi­mental­physikern zusammen.

Mit der Freigeist-Fellowship fördert die Volkswagen-Stiftung seit 2014 außer­ge­wöhn­liche Forscher­persön­lich­keiten, die sich zwischen etablierten Forschungsfeldern bewegen, risikobehaftete Wissenschaft betreiben möchten und deren Promo­tion maximal vier Jahre zurück­liegt. Durch voraus­schau­endes Agieren werden die Frei­geist-Fellows zum Kata­ly­sator für die Über­windung fach­licher, institu­tio­neller und natio­naler Grenzen, so die Volks­wagen-Stiftung.

FSU / RK

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