Groß denken, groß handeln
Die Helmholtz-Gemeinschaft feierte in Berlin ihren 20. Geburtstag.
Ein Budget von fast vier Milliarden Euro jährlich für 18 Forschungszentren mit 38000 Mitarbeitern – diese Eckdaten machen die Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) zu einem der großen Player im deutschen Wissenschaftssystem. Zwanzig Jahre nach ihrer Gründung 1995 konnte HGF-Präsident Jürgen Mlynek zu einem Festakt Ende Juni in Berlin nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßen, sondern auch vier amtierende bzw. ehemalige Bundesforschungsministerinnen und -minister sowie das „Who is who“ der deutschen Wissenschafts- und Forschungslandschaft. „Helmholtz steht für strategisch, programmatische Forschung zu Themen von nationaler Bedeutung“, sagte Mlynek, „für interdisziplinäre Forschung mit kritischer Masse unter Einsatz einzigartiger Forschungsinfrastrukturen und Großgeräte, kurz Forschung im Stil von ‚Groß denken, groß handeln‘“.
Helmholtz-Präsident Jürgen Mlynek begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Festveranstaltung in Berlin (Bild: M. Urban)
Die Helmholtz-Gemeinschaft ging 1995 aus der damaligen „Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen“ hervor. Die Jahre davor waren geprägt von einer Sinnkrise insbesondere bei denjenigen Forschungszentren, deren ursprüngliche Mission primär in der Kernforschung bestanden hatte, wie diejenigen in Jülich und Karlsruhe. „Die Umbenennung war ein erster Schritt“, sagte Mlynek, „aber entscheidend geholfen haben bei der Neuorientierung die Empfehlungen des Wissenschaftsrats von 2001, die die Politik in kürzester Zeit beherzt zu einer tiefgreifenden Reform der HGF genutzt hat“.
Kernstück der Reform war die programmorientierte Förderung: An die Stelle von einzelnen Budgets für jedes Zentrum trat die übergeordnete Finanzierung von 30 zentrenübergreifenden Forschungsprogrammen, die sich den sechs großen Forschungsbereichen Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Luftfahrt, Raumfahrt und Verkehr, Materie sowie Schlüsseltechnologien zuordnen lassen. Dabei kooperieren die Wissenschaftler über die Grenzen von Institutionen und Disziplinen hinweg und stehen im Wettbewerb um Forschungsgeld, das nach regelmäßigen Evaluationen vergeben wird.
Durch die Exzellenzinitiative haben sich die Kooperationen auch auf die anderen Akteure der deutschen Wissenschaftslandschaft ausgedehnt, insbesondere auf die Universitäten. „Wir brauchen starke Universitäten und die Universitäten brauchen starke Partner wie uns“, sagte Mlynek. Daher haben Helmholtz-Zentren und Universitäten inzwischen auch mehrere Helmholtz-Institute gegründet, um dauerhaft eng zusammenzuarbeiten. Mit der Gründung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben sich sogar erstmals eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung (das Forschungszentrum Karlsruhe) und eine Universität zusammengeschlossen.
In ihrer Rede betonte die Bundeskanzlerin, dass sich viele Hoffnungen erfüllt hätten, die 1995 mit der Gründung der HGF verbunden waren, „die Hoffnung auf Dynamik und Effizienz, auf Kooperation und internationale Attraktivität. Diese Hoffnung war anfangs alles andere als garantiert, weil sie ja die schweren Tanker des Wissenschaftssystems in sich vereint.“ Heute zeichne die Helmholtz-Gemeinschaft der Brückenschlag von den drängenden Fragen unserer Zeit bis hin zur konkreten, spezifischen Anwendung aus. „Damit macht sie ihrem Namen alle Ehre“, sagte Merkel mit Bezug auf Hermann von Helmholtz, der „die praktische Anwendung des Gewussten“ im Blick gehabt habe.
Anschließend widmeten sich drei hochkarätige Talkrunden noch der Entwicklung der Helmholtz-Gemeinschaft bzw. dem Blick nach vorne. Doch da hatte sich die Bundeskanzlerin bereits verabschiedet, um pünktlich zum Dinner mit Queen Elizabeth in Schloss Bellevue zu kommen.
Stefan Jorda