Große Galaxien verlöschen von innen nach außen
Sternentstehung in elliptischen Galaxien kommt zuerst im Zentrum zum Erliegen.
Große elliptische Galaxien enthalten in ihren zentralen Regionen zehnmal so viele Sterne wie unsere Milchstraße und haben etwa die zehnfache Masse. Astronomen bezeichnen diese großen Galaxien als „rot und tot“, da sie eine Fülle von alten, roten Sternen, aber nur wenige junge, blaue Sterne und keinerlei Anzeichen von Sternentstehung aufweisen. Das geschätzte Alter der roten Sterne legt nahe, dass die Galaxien vor etwa zehn Milliarden Jahren aufgehört haben, neue Sterne zu bilden, direkt am höchsten Punkt der Sternentstehungsrate im Universum. Was hat diese hohe Sternentstehungsrate zum Erliegen gebracht?
Abb.: So endet die Sternentstehung in elliptischen Galaxien: Galaxien im frühen Universum erscheinen links. Die blauen Regionen sind Bereiche, in denen Sternentstehung stattfindet, die roten Regionen sind „tote“ Bereiche, in denen nur ältere rötliche Sterne übrig bleiben und keine neuen blauen Sterne mehr gebildet werden. Die resultierende riesige kugelförmige Galaxie im modernen Universum erscheint rechts. (Bild: ESO)
„Massereiche tote elliptische Galaxien enthalten etwa die Hälfte aller Sterne, die im Universum während seiner gesamten Existenz entstanden sind“, erklärt Sandro Tacchella von der ETH Zürich. „Wir können nicht behaupten zu verstehen, wie sich das Universum entwickelt hat und zu dem wurde, was wir heute von ihm sehen, bevor wir wissen, wie diese Galaxien sich entwickelt haben.“
Tacchella und seine Kollegen beobachteten insgesamt 22 Galaxien aus einer Ära etwa drei Milliarden Jahre nach dem Urknall, deren Masse eine ganze Bandbreite umfasst. Das SINFONI-Instrument am Very Large Telescope der ESO sammelte Licht von dieser Auswahl an Galaxien und zeigte präzise, wo sie Sterne am laufenden Band produzierten. SINFONI konnte diese detaillierten Messungen der fernen Galaxien dank seiner adaptiver Optik machen, das die störenden Effekte aus der Erdatmosphäre größtenteils beseitigt.
Die Wissenschaftler richteten außerdem das Hubble Space Telescope auf die ausgewählten Galaxien, um die störenden Auswirkungen der Atmosphäre zu umgehen. Hubbles WFC3-Kamera schoss Bilder im Nahinfraroten, um die räumliche Verteilung von älteren Sternen innerhalb der Galaxien mit aktiver Sternentstehung deutlich zu machen.
Die massereichsten Galaxien halten, so zeigen die Beobachtungen, eine stetige Produktion neuer Sterne in ihren Außenbezirken aufrecht. In ihrem wulstigen, dichtgepackten Zentrum hatte die Sternentstehung allerdings bereits gestoppt. „Das damit nachgewiesene Stoppen der Sternentstehung in massereichen Galaxien von innen nach außen wirft ein neues Licht auf die grundlegenden Mechanismen, die daran beteiligt sind. Das ist etwas, worüber Astronomen lange gestritten haben“, erläutert Alvio Renzini vom Osservatorio Astronomico di Padova.
Eine gängige Theorie besagt, dass sternbildende Materie von dem reißenden Energiestrom zerstreut wird, der von dem im Zentrum einer Galaxie befindlichen supermassereichen schwarzen Loch ausgeht. Eine andere Idee besagt, dass der Zufluss von frischem Gas in die Galaxie stoppt und deshalb die Galaxie regelrecht verhungert, da der Nachschub für die Entstehung neuer Sterne fehlt. „Es gibt viele unterschiedlichen theoretischen Vorschläge für den physikalischen Mechanismus, der zum Tod der massereichen elliptischen Galaxien führte“, so Natascha Förster Schreiber vom MPI für extraterrestrische Physik. „Die Entdeckung, dass die Sternentstehung vom Zentrum ausgehend nach außen verlöscht ist, ist enorm wichtig für das Verständnis dafür, wie es dazu kam, dass das Universum so aussieht, wie es heute der Fall ist.“
ESO / RK