Gummi-Leiter für dehnbare Elektronik
Ein Gemisch aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Silikon-Polymeren zeigt hohe elektrische Leitfähigkeit.
Ein Gemisch aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Silikon-Polymeren zeigt hohe elektrische Leitfähigkeit.
Tokio/Tsukuba (Japan) – Elektrisch leitfähige und flexible Kunststoffe gibt es einige. Aber dehnbar wie ein Gummi sind sie bisher nicht. Genau dieses Ziel erreichten nun japanische Materialforscher mit einem Gemisch aus einem Silikon-Polymer und Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Wie sie in einer Vorabveröffentlichung der Zeitschrift Science berichten, soll sich der neue Werkstoff für den Aufbau elastischer Elektronik-Module und elektrisch kontrollierbarer Gummihäute für den Einsatz in der Robotik eignen.
„Ein Anteil von bis zu 20 Gewichtsprozent an einwandigen Nanoröhrchen verringert nicht die mechanische Flexibilität und Weichheit des Polymers“, schreiben Takao Someya von der University of Tokyo und seine Kollegen vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Tsukuba. Für das vielseitig einsetzbare, leitende Gummi wählten die Forscher ein dehnbares Polymer auf der Basis von Dimethyl-Siloxan. Mit diesem beschichteten sie eine zweite dünne Kunststoffschicht, in der sie vorher die elektrisch leitfähigen Nanoröhrchen verteilt hatten.
Abb.: Aus dem Gummi-Leiter konstruierten die Wissenschaftler ein 20 mal 20 Zentimeter großes Netzwerk. Darei setzten sie über ein Druckverfahren 703 organische Transistoren, die elektrisch über das leitfähige Gummi verbunden waren.
Zwar mischten schon viele Forschergruppen vor ihnen die winzigen Kohlenstoffpartikel in ein Polymer, doch mussten sie oft mit störenden Verklumpungen in diesem Gemisch kämpfen. Dieses Problem beseitigten Someya und Kollegen, indem sie die Nanoröhrchen vorher in einer ionischen Flüssigkeit (1-Butyl-3-Methylimidazoliumbisimid) verteilten. Diese Substanz verhindert effektiv, dass sich die Röhrchen aneinanderlagern. Das so entstandene schwarze Nanogel vermengten die Forscher dann mit einem weiteren flüssigen Polymer (Vinylidenfluoridhexafluoropropylen) und sprühten diese Mischung als dünnen Film auf einen Glasträger. Dieses Kompositmaterial konnte danach mit dem dehnbaren Silikongummi zum gewünschten Endprodukte verbunden werden.
Der neue Werkstoff zeigte im ungedehnten Zustand eine gute Leitfähigkeit von 57 Siemens pro Meter. Er ließ sich viele Male um 38 Prozent auseinander ziehen, ohne dass die Leitfähigkeit abnahm. Erst bei einer Dehnung um bis zu 134 Prozent sank der Wert auf sechs Siemens pro Meter ab. Um eine mögliche Anwendung zu demonstrieren, konstruierten die Wissenschaftler ein 20 mal 20 Zentimeter großes Netzwerk aus dem Gummi-Leiter. In diese Matrix setzten sie über ein Druckverfahren 703 Transistoren aus organischen Materialien, die elektrisch über das leitfähige Gummi verbunden waren. Alle Kontakte blieben trotz Dehnungen in verschiedenen Richtungen erhalten.
„Das erweitert den Anwendungshorizont von Kohlenstoff-Nanoröhrchen in eine wichtige neue Richtung“, beurteilt Ray Baughman von der University of Texas diese Ergebnisse. Auf relativ einfache Weise könnten so sehr strapazierfähige Elektronik-Module beispielsweise für intelligente Textilien oder elektrisch steuerbare Roboterkomponenten aus künstlichen Gummihäuten entwickelt werden.
Jan Oliver Löfken