28.06.2015

Hauchdünn und selektiv

Funktionalisierte Graphen-Oberfläche als hochspezifischer Biosensor.

Graphen besitzt eine Reihe interessanter Eigenschaften. Es ist extrem leitfähig, völlig transparent und mechanisch wie chemisch äußerst belastbar. Wie schon länger bekannt ist, eignet sich Graphen grundsätzlich auch als hochempfindlicher Sensor zum Nachweis organischer Moleküle. Denn sobald fremde Moleküle andocken, sinkt die elektrische Leitfähigkeit des Graphens. Das Problem ist nur: Das passiert bei fast jedem Molekül, Graphen ist also nicht sehr selektiv, weshalb unterschiedliche Moleküle nicht zu unterscheiden sind. So ist es als Sensor nicht zu gebrauchen.

Abb.: Die Zeichnung veranschaulicht, wie Maleimid-Verbindungen an der Graphenoberfläche andocken. (Bild: M. A. Gluba, HZB)

Nun hat ein Team vom Institut für Silizium-Photovoltaik des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB) einen interessanten Weg beschritten, um die Selektivität zu erhöhen: Es gelang ihnen, Graphen elektrochemisch zu funktionalisieren und für die Aufnahme von Sonden-Molekülen vorzubereiten. Dafür haben sie aus einer organischen Lösung über dem Graphen para-Maleimidophenyl-Gruppen auf die Graphen-Oberfläche aufgebracht. Diese organischen Moleküle funktionieren wie Halterungen, an denen sich im nächsten Schritt die Sonden-Moleküle anbringen lassen. „Aufgrund dieser Moleküle kann das Graphen nun, ähnlich dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, zur Detektion von verschiedensten Stoffen verwendet werden“, erklärt Marc Gluba. Die „Schloss“-Moleküle auf der Oberfläche sind hoch selektiv und nehmen ausschließlich die passenden „Schlüssel“-Moleküle auf.

Auch andere Forschungsgruppen hatten schon in dieser Richtung Versuche angestellt, allerdings standen ihnen nur winzig kleine Graphenflöckchen mit Durchmessern im Mikrometerbereich zur Verfügung, so dass von den Rändern ausgelöste Effekte dominierten. Am HZB haben Physiker und Chemiker dagegen Graphenflächen von mehreren Quadratzentimetern hergestellt, so dass Randeffekte im Vergleich zu den Prozessen in der Fläche kaum noch eine Rolle spielen. Die Graphenschicht brachten sie auf einer Quarzmikrowaage auf. Jede Massenzunahme verändert dabei die Schwingfrequenz des Quarzkristalls, wodurch kleinste Massen bis hin zu Einzelmoleküllagen messbar werden.

„Wir konnten damit erstmals präzise und quantitativ nachweisen, wie viele Moleküle tatsächlich auf der Oberfläche des Graphens aufgebracht wurden“, berichtet der Nachwuchsforscher Felix Rösicke, der diese Frage für seine Doktorarbeit untersucht hat. „Mit Hilfe einer angelegten Spannung können wir darüber hinaus genau steuern, wie viele Moleküle am Graphen andocken“, erklärt Jörg Rappich vom HZB-Institut für Silizium-Photovoltaik, der Rösicke betreut.

„Die Hoffnungen, die sich mit Graphen verbinden, sind wirklich fantastisch“, sagt Norbert Nickel, Leiter der Arbeitsgruppe. Als Vision könne man sich zum Beispiel ein wirklich preisgünstiges „Lab on a Chip“ vorstellen, in das man einen einzigen Blutstropfen gibt, und sofort Werte für medizinisch interessante Parameter etc. erhält.

HZB / DE

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