Hauchdünner optischer Tarnmantel
Nanoantennen lassen hügelige Oberflächen eben erscheinen.
Die aus Märchen und Sagen bekannten Tarnkappen, die ihre Träger unsichtbar machen, versucht man neuerdings mit Metamaterialien zu verwirklichen. Solche – wenn auch noch unvollkommene – Tarnkappen gibt es inzwischen für Licht, Schall- und Erdbebenwellen sowie für Wärmeströmungen. Jetzt wurde ein nanometerdünner Tarnmantel entwickelt, der an eine hügelige Oberfläche geschmiegt diese völlig eben erscheinen lässt.
Abb.: Die unterschiedlich großen rechteckigen Nanoantennen des Tarnmantels reflektieren das einfallende Licht jeweils mit einer solchen Intensität und Phase, als käme es von einer ebenen Oberfläche. (X. Ni et al., AAAS)
Bisher gibt es zwei Arten von Tarnkappen, die auf unterschiedlichen Prinzipien beruhen. Bei der einen werden Licht- oder andere Wellen in einem voluminösen Metamaterial so um einen Hohlraum herumgeführt, dass dieser keinen Einfluss auf die auslaufenden Wellen hat. Alles was sich im Hohlraum befindet, ist deshalb „unsichtbar“. Die andere Tarnkappenart macht einen Gegenstand unsichtbar, indem sie die von ihm gestreuten Wellen mit Hilfe einer Anordnung von Resonatoren auslöscht.
Nach einem ganz anderen Prinzip arbeitet der optische Tarnmantel, den Forscher um Xiang Zhang von der University of California in Berkeley entwickelt haben. Der Mantel ist nur 80 nm dick und schmiegt sich an das auf einer ebenen Unterlage sitzende Objekt, das unsichtbar gemacht werden soll. Er verändert die Intensität und Phase des vom Objekt reflektierten Lichtes so, als wäre es von einer ebenen Fläche zurückgeworfen worden. Selbst wenn man dann das Objekt aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, bleibt es unsichtbar.
Das Objekt, das die Forscher verschwinden ließen, war eine mehrere Mikrometer große „Landschaft“ mit Hügeln und Mulden, die sie mit Ionenstrahlen aus einer Siliziumunterlage gefräst hatten. Dann beschichteten sie die hügelige Oberfläche mit Gold und vermaßen sie mit einem Rasterkraftmikroskop. Schließlich wurde der Oberfläche der Tarnmantel übergelegt. Er bestand aus einer 50 nm dicken dielektrischen Schicht und einer Lage von 30 nm dicken, rechteckigen Goldnanoantennen, die einheitlich ausgerichtet waren und sechs verschiedene Größen und Formen hatten.
Bestrahlte man die goldbeschichtete Oberfläche mit rotem Licht von 730 nm Wellenlänge, so wurden in ihr Plasmaschwingungen oder Plasmonen angeregt. Daraufhin strahlten die Nanoantennen rotes Licht zurück. Die Forscher wählten lokal je nach der dortigen Form der Oberfläche einen der sechs Antennentypen, die das gleiche Reflexionsvermögen (84 %) hatten, aber dem reflektierten Licht unterschiedliche Phasen gaben. So ließ sich erreichen, dass die hügelige Oberfläche Licht mit konstanter Helligkeit und ebenen Phasenfronten zurückwarf, wie es normalerweise nur eine ebene Oberfläche macht.
Abb.: Für Licht einer bestimmten Polarisationsrichtung lässt der Tarnmantel die Oberflächenstruktur verschwinden: Intensität (links oben) und Phase des reflektierten Lichts (links unten). Für die dazu senkrechte Polarisationsrichtung ist die Oberflächenstruktur sichtbar (rechts; Bild: X. Ni et al., AAAS)
Wegen der einheitlichen Ausrichtung der rechteckigen Antennen funktionierte der Tarnmantel nur bei Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Polarisationsrichtung. Im reflektierten Licht war die Hügellandschaft dann nicht mehr zu sehen. Und auch das Phasenprofil des reflektierten Lichtes, das die Forscher mit einem Mach-Zehnder-Interferometer aufnahmen, zeigte keine Spur der Oberflächenunebenheiten. Das traf auch noch zu wenn der Einfallswinkel des Lichtes um 30 Grad variiert wurde.
Wurde hingegen die Polarisationsrichtung des Lichtes um 90 Grad gedreht, so war die Hügellandschaft anhand der Intensitäts- und Phasenverteilung des reflektierten Lichtes deutlich zu erkennen. Diese Abhängigkeit des Tarnmantels von der Polarisationsrichtung hatten die Forscher mit Bedacht gewählt, um ihn auf einfache Weise an- und abschalten zu können und damit einen direkten Vergleich zu ermöglichen.
Indem man die Antennen symmetrisch macht oder ihnen eine statistische Ausrichtung gibt, erhielte man einen Tarnmantel, der unabhängig von der Polarisationsrichtung des Lichtes funktioniert. Mit einem flexiblen Mantel mit adaptiven Nanoantennen, die ihre optischen Eigenschaften aktiv oder passiv einstellen können, ließen sich nahezu beliebige Gegenstände unsichtbar machen.
Rainer Scharf
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