Hauptsache dicht!
Von unerwünschten und erwünschten Gasdynamiken in und durch Materie.
Seit zweieinhalb Jahren widmet die Vakuum in Forschung und Praxis (ViP) jede Ausgabe einem ausgewählten Schwerpunktsthema, das in Artikeln und Magazinbeiträgen von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Die frisch erschienene Juni/Juli-Ausgabe ist nun die fünfte zum Thema Lecksuchtechnik. Und das aus gutem Grund: So vielfältig die Arbeitsfelder in den vakuumgestützten Wissenschaften und Technologien auch sind, eines eint alle ihre Entwickler und Anwender – die Sorge um die Dichtheit der Vakuumapparaturen.
Abb.: Transport und Lagerung von Flüssiggasen stellen erhöhte Anforderungen an die Dichtigkeit der Behälter. Methoden zur Auswahl geeigneter Materialien beschreiben Heinz Barfuss und Frank Pfeifer in der neuen ViP. (Bild: Wojciech Wrzesien, fotolia)
Was also tun, wenn ein Material auf seine Vakuumtauglichkeit geprüft werden muss, oder wenn der Druck nicht die gewünscht tiefen Werte erreicht und dies mit ziemlicher Sicherheit nicht den Pumpen angelastet werden kann? Dr. Daniel Wetzig, Inficon GmbH, stellt drei prinzipielle Ansätze der Vakuumdichtheitsprüfung vor – die „nicht gasselektiven“, „einfach gasselektiven“ und „doppelt gasselektiven“ Ver fahren, die bei unterschiedlichen Arbeitsdrücken eingesetzt werden und im letzteren Fall auch Nachweisgrenzen kleiner 10-12 mbar · l/s ermöglichen. Dabei wird auch ein Blick auf wesentliche apparative Neuerungen geworfen.
Welche Standards und Regeln wir in Europa für Verfahren zur Dichtheitsprüfung im Vakuumbereich festgeschrieben haben, hat Dr. Rudolf Konwitschny, Pfeiffer Vacuum GmbH, für uns zusammengestellt und damit einen hilfreichen Leitfaden zur Orientierung im DIN-ISO-EN-Dschungel verfasst.
Ob nun Werkstoffe auf ihre Vakuumtauglichkeit geprüft werden müssen oder Mechanismen der Wechselwirkung von Gasen in Festkörpern aufgedeckt werden sollen, auch hier handelt es sich um Gasflüsse durch bzw. in Materie, also im weitesten Sinne um mit der Lecksuchtechnik verwandte Aufgabenstellungen. Mit welchen Ansätzen sie gelöst werden können zeigen zum einen Heinz Barfuss und Frank Pfeifer (Pfeiffer Vacuum GmbH) in ihrem Beitrag über die Bestimmung von Ausgas-und Desorptionsraten mittels Restgasanalysator und zum anderen Dr. Rüdiger Foest (INP Greifswald) und Co-Autoren in ihrem Artikel über die Untersuchung von Struktur und Dynamik von Wasserstoff in Festkörpern mittels neutronengestützter Analysetechniken.
Professor Christoph Gerhard (Technische Hochschule Wildau) und Lars ten Bosch zeigen in ihrem Beitrag auf, wie mit Atmosphärendruckplasmen die Oberflächen optischer Komponenten von störenden Kohlenwasserstoffanlagerungen gesäubert werden können, um ihre ursprüngliche optische Qualität annähernd wieder zu erhalten.
Ein neues Verfahren zur Bestimmung der Haltbarkeit vakuumelektronischer Bauteile stellen unser langjähriger, leider kürzlich und unerwartet verstorbene Autor Professor Alexander Lisenkov (Elektrotechnische Universität St. Petersburg) und seine Co-Autoren in ihrem Beitrag vor. Durch Temperaturerhöhung lassen sich in Zeitrafferexperimenten Aussagen über haltbarkeitsbegrenzenden
Faktoren treffen.
Um diese sechs Fachbeiträge herum soll ein thematisch bunt gemischter Magazinteil für Abwechslung sorgen. Besonders hervorzuheben sind dabei unsere relativ junge Rubrik „Perspektiven“, in der Professor Andreas Leson, Fraunhofer IWS, die neue VDI-GME Studie über die Werkstoffentwicklung in Elektro- und Medizintechnik vorstellt, und die brandneue Rubrik „Gelernt ist gelernt“, in der Dr. Gerhard Voss, Leybold GmbH und Gaede-Archiv, die Grundlagen der Vakuumphysik für uns auffrischt – diesmal mit Wissen über Gasmenge und Ideale Gasgleichung, das man nicht nur bei Fahrten mit dem Heißluftballon gebrauchen kann.
Alles in Allem ermöglicht diese Zusammenstellung hoffentlich ein kurzweiliges, vergnügliches Abtauchen in die Welt des Vakuums.
Wiley-VCH / LK