17.08.2021 • Materialwissenschaften

Heiße Elektronen testen Beweglichkeit

Wichtige Grundlagen für künftige Hochleistungs-Nanoelektronik gelegt.

Die kontinuierliche Nachfrage nach verbesserter Rechen­leistung bei gleich­zeitig geringeren Herstellungs­kosten und niedrigerem Energie­bedarf hat Forschung und Entwicklung an einen techno­logischen Scheideweg gebracht. Denn die gebräuch­liche Fertigungs­technik – die Silizium-Gate-Technik zur Fertigung integrierter Schaltungen zum Beispiel auf Basis der CMOS-Techno­logie für Chips und Mikro­prozessoren – hat eine Skalierungs­grenze erreicht. Im Übergang vom Mikro- in den Nanometer­bereich ergeben sich neue und erhebliche Heraus­forderungen an die Materialien und die Fertigung – denn im Nanometer­bereich werden Quanten­effekte wirksam, die ein Umdenken bei den bisherigen Verfahren erfordern.

Abb.: Mahfujur Rahaman von der TU Chemnitz hat mit einem Forschungs­team die...
Abb.: Mahfujur Rahaman von der TU Chemnitz hat mit einem Forschungs­team die Wechsel­wirkung zwischen Elektronen und Phononen auf der Basis zwei­dimen­sio­naler Halb­leiter unter­sucht. (Bild: L. Meese, TU Chemnitz)

Daher suchen Wissenschaftler nach alternativen Materialien, die im Nanometer­bereich mindestens die gleiche Leistung wie Silizium erbringen und gleich­zeitig bei der Über­windung dieser techno­logischen Heraus­forderungen helfen können. Einen wichtigen Beitrag auf diesem Weg hat jetzt ein inter­nationales Forschungs­team unter Leitung von Mahfujur Rahaman von der TU Chemnitz geleistet. Die Wissen­schaftler haben unter­sucht, wie sich eine spezielle Wechsel­wirkung – die Fröhlich-Kopplung – in verschiedenen Schichten­dicken und Lagen des Halbleiters Indium­selenid auf die Elektronen­beweglichkeit auswirkt.

InSe ist ein Mitglied der 2D-Halbleiter­familie und ein viel­ver­sprechender Kandidat auf dem Weg zu neuen Halbleiter-Techno­logien jenseits von Silizium. Die Ergebnisse haben eine hohe Relevanz für mögliche Anwendungen von nano­skaligen Halbleitern und sind ein wichtiger Schritt hin zur Anwendung von InSe in schnelleren und effi­zienteren elektro­nischen Bauelementen. Die Ergebnisse geben Aufschluss über die potenzielle Leistungs­fähigkeit eines elektro­nischen Bauteils auf InSe-Basis.

2D-Halbleiter sind vielversprechend für Anwendungen in der Mikro- und Nano­elektronik, da sie mit der Silizium-CMOS-Techno­logie kompatibel und nur wenige Atom­lagen dick sind. Das heißt, dass die nächste Generation elektro­nischer Archi­tek­turen auf Struktur­größen im Sub-Nanometer­bereich skaliert werden kann. So werden mikro­elektro­nische Bauteile möglich, die noch sparsamer und gleich­zeitig bedeutend leistungs­fähiger sein werden. 2D-Halbleiter sind Monolagen der entsprechenden Volumen­materialien und können zum Beispiel durch schicht­weises Abtragen aus einem Kristall hergestellt werden. In jüngster Zeit hat sich Indium­selenid aufgrund seiner im Vergleich zu anderen 2D-Halbleitern geringeren effektiven Elektronen­masse als sehr attraktiv für die Elektronik der nächsten Generation erwiesen.

Die Fertigung auf der Basis von InSe führt zu einer höheren Elektronen­beweglichkeit, einem wichtigen Parameter für schnellere Bauelemente. Darüber hinaus gibt es noch einen weiteren wichtigen Parameter: die Elektron-Phonon- oder Fröhlich-Kopplung. Dieses Prinzip der Wechsel­wirkung hat Einfluss auf die Elektronen­beweglichkeit, insbesondere in polaren Halbleitern wie InSe. Für diese nimmt die Elektronen­beweglichkeit mit zunehmender Fröhlich-Kopplung ab. Daher kann die Stärke der Fröhlich-Wechsel­wirkung indirekt als Maß für die Elektronen­beweglichkeit verwendet werden.

Das Team um Rahaman unter­suchte die schicht­abhängige Fröhlich-Kopplung in InSe vom Volumen bis zur Monolage mit Hilfe der plasmonischen Injektion heißer Elektronen. Das sind besonders energie­reiche Elektronen. Dabei beobachteten sie eine schicht­abhängige anomale Fröhlich-Kopplung in InSe. Die Ergebnisse zeigen, dass die Fröhlich-Kopplung trotz der starken Begrenzung der Schichtdicke in Monolagen schwächer ist als in Volumen-InSe. Die vergleichbare Elektronen­mobilität von Monolagen- und Volumen-InSe unter­mauern das Potenzial von InSe als 2D-Halbleiter für zukünftige Hoch­leistungs­anwendungen in der Halb­leiter­techno­logie.

TU Chemnitz

Weitere Infos

 

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Meist gelesen

Themen