23.05.2013

Heiße Phase bei galaktischem Treffen

Seltene Galaxienkollision lässt auf Entstehung großer Galaxien im frühen Kosmos schließen.

Wenn Galaxien kollidieren, kommt es zu einer Häufung an Sterngeburten. Gasmassen schieben sich durch die Wirkung der Schwerkraft zusammen, wodurch sich ausgedehnte Sternentstehungsgebiete bilden. Eine Galaxienkollision der besonders seltenen Art hat ein internationales Team von Astronomen nun beobachten können. Die Astronomen waren vor allem Ereignissen auf der Spur, die sich in der Frühzeit unseres Universums zutrugen. Denn noch ist nur unzureichend verstanden, wie sich bestimmte große Galaxien entwickeln. Als hilfreich bei den Messungen erwies sich der Gravitationslinseneffekt zweier Galaxien im Vordergrund, der die Abbildung der extrem weit entfernten, verschmelzenden Sternhaufen vergrößerte.

Abb.: Links im Bild ist die Galaxie HXMM01 als hellstes Objekt zu sehen, rechts zeigt sich, wie hinter den beiden dunklen Galaxien im Vordergrund die beiden Galaxien X01N und X01S miteinander zu verschmelzen beginnen. (Bild: H. Fu et al. / Nature)

Die Astronomen fanden die beiden Galaxien auf Bildern des ESA-Weltraumteleskops Herschel. Im Infrarot-Bereich zwischen 250 und 500 Mikrometern zeichnete sich das HXMM01 genannte Objekt als hellster Punkt der Aufnahme ab. Mit Hilfe von mehr als einem Dutzend bodengestützter Teleskope, darunter das Keck-Observatorium auf Hawaii, konnten die Astronomen dann hochaufgelöste Bilder der Himmelsregion machen. Über die Rotationsspektren von Kohlenmonoxid und die Wasserstoff-Alpha-Linie konnten die Astronomen sowohl die Entfernung als auch die Bewegung der Galaxien zueinander bestimmen.

Wie sich heraus stellte, besitzt das untersuchte Objekt eine Rotverschiebung von 2,3, was einer Laufzeit des Lichtes von gut zehn Milliarden Lichtjahren entspricht. Es ist bekannt, dass sich in dieser frühen Phase des Universums schon riesige elliptische Galaxien bildeten. Aber über die möglichen Vorläufergalaxien und die Dynamik der beteiligten Gasmassen besteht noch nicht genug Klarheit. Denn die Entwicklung könnte nach heutigen Modellen auf sehr verschiedene Weise ablaufen. So vermuten einige Astronomen, dass die Strahlung des zentralen supermassereichen Schwarzen Loches starke Winde bewirkt, die große Mengen an Gas aus der Galaxie blasen. Dies würde die Bildung neuer Sterne beenden.

Wichtig war deshalb die Beobachtung einer enorm hohen Sternentstehungsrate bei HXMM01. Nach den Berechnungen der Astronomen explodiert die Anzahl an Sternen dort geradezu. Pro Jahr wandeln sich rund 2000 Sonnenmassen in Sterne um. Dies ist fast doppelt so viel wie die höchste Sternentstehungsrate, die von vergleichbaren Galaxien bekannt ist, und liegt etwa eine Größenordnung über den Durchschnittswerten.

Diese Geburtenexplosion wird allerdings nicht allzu lange vorhalten können. Irgendwann haben die verschmelzenden Galaxien ihr Reservoir an Gas erschöpft. Nach Einschätzung der Forscher kann HXMM01 die aktuelle Geburtenexplosion noch für rund 200 Millionen Jahre aufrecht erhalten. Es sind also nicht Winde von einem Schwarzen Loch, sondern die hohe Geschwindigkeit, mit der neue Sterne entstehen, die das vorhandene Gas so schnell reduziert. Die beiden sich aufeinander zu bewegenden Sternhaufen sollen dann zu einer außergewöhnlich massereichen elliptischen Galaxie mit rund 400 Milliarden Sonnenmassen verschmelzen. Damit würde HXMM01 dann zu den massereichsten Galaxien bei Rotverschiebungen um die 2 zählen.

Nach den Beobachtungen der Astronomen ist es also die verhältnismäßig kurze, aber sehr intensive Sternentstehungsphase, die die neugebildete Riesengalaxie in eine sogenannte passive Galaxie mit nur wenigen Sterngeburten verwandelt. Die Beobachtungen hierzu waren aber nicht nur aufgrund der hohen Rotverschiebung schwierig. Eine solche Kollision stellt auch einen entscheidenden, in kosmischen Maßstäben aber nur kurzen Abschnitt in der Galaxienentwicklung dar.

„Eine solche Galaxie zu finden ist wichtig, denn sie stellt eine kritische Übergangsphase dar“, kommentiert deshalb Erstautor Hai Fu von der University of California in Irvine die Ergebnisse. HXMM01 ist damit ein gutes Beispiel, wie sich massive elliptische Galaxien aus gasreichen Vorgängergalaxien bilden können.

Noch sind die beiden Sterngebilde gut 60.000 Lichtjahre voneinander getrennt und die Sternentstehungsgebiete in beiden Galaxien getrennt auflösbar. Sie machen aber nur einen Teil der Gas- und Staubwolken in beiden Sternhaufen aus. Ein dickes Gasfilament verbindet beide Galaxien bereits, wie es häufig bei Kollisionen zu beobachten ist. Zwei im Vordergrund liegende Galaxien, die eine Rotverschiebung zwischen 0,5 und 0,7 aufweisen, wirkten bei diesen Beobachtungen als Gravitationslinse. Die Astronomen machten immerhin einen Vergrößerungseffekt von durchschnittlich 1,6 aus. Damit bietet sich HXMM01 auch für weitere Beobachtungen an. Die Astronomen werden aber auf ein wichtiges Instrument nicht mehr zurückgreifen können. Herschel ist mittlerweile außer Betrieb. Letzten Monat hat das Weltraumteleskop seinen Heliumvorrat aufgebraucht, so dass die ESA seine Mission für beendet erklären musste.

Dirk Eidemüller

PH

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