15.09.2015

Heizen mit Kohlenstoffnanoröhrchen

Fraunhofer-Forscher stellen effiziente, Strom sparende Folienheizung für Elektroautos auf der IAA vor.

Wer ein Elektroauto fährt, hat einen Grund mehr, den Som­mer zu lieben: Im Win­ter sinkt die Reich­weite der Fahr­zeuge durch den zusätz­lichen Ener­gie­bedarf der Hei­zung deut­lich. Anders als bei kon­ven­tio­nellen Pkw, wo Motor­abwärme im Über­fluss vor­han­den ist, um das Fahr­zeug­innere aufzu­heizen, fällt bei Elek­tro­autos so gut wie keine Abwärme an. Eine zusätz­liche elek­tri­sche Hei­zung ist not­wendig. Diese wird über die gleiche Batte­rie mit Strom versorgt, die auch den Motor belie­fert. „Im ungüns­tigsten Fall kann man mit dem Auto dann nur noch die halbe Strecke fahren wie sonst“, sagt Serhat Saha­kalkan, Projekt­leiter am Fraun­hofer-Institut für Produktions­technik und Automati­sierung IPA in Stuttgart.

Abb.: Um die Heizwirkung der Folien für Pkw zu analy­sieren, schlossen die Forscher sie an eine Spannungs­quelle an und beobach­teten sie mit einer Thermo­kamera. (Bild: Fh.-IPA)

Forscher des IPA haben eine Flächenheizung auf Folienbasis entwickelt, die in Elektro­autos schnell für wohlige Wärme sorgt und dadurch – vor allem auf kurzen Fahrten – effek­tiver ist als bisherige Elektro­heizungen. Das Heiz­konzept basiert auf einer Folie, die mit leitfähigen Kohlen­stoff­nano­röhren (CNTs) beschichtet ist. Dazu sprühen die Wissen­schaftler eine CNT-Dispersion hauch­dünn auf. „Die Folie wird auf die innere Türver­kleidung aufgeklebt und erzeugt dort im Bereich der Armlehne in kürzester Zeit eine angenehme Wärme“, erklärt Saha­kalkan. Die Heizung funktio­niert nach dem Jouleschen Gesetz: Fließt Strom durch die Folie, stößt er auf einen natür­lichen Widerstand zwischen den einzelnen Nano­partikeln und erzeugt Wärme.

Auch herkömmliche elektrische Widerstandsheizungen, wie sie bereits in Elektro­autos zum Einsatz kommen, nutzen dieses Prinzip. Als leitfähiges Material kommt dabei in der Regel Kupferdraht zum Einsatz, der beispiels­weise in Silikon­matten einge­bettet wird. Die Lösung der Stuttgarter Forscher bietet jedoch einige Vorteile: Während heute verfügbare Kupferdrahtheizungen relativ sperrig sind und einigen Bauraum benötigen, besteht die Folienheizung aus einer nur wenige Mikrometer dicken Schicht aus leit­fähigem Material. Sie lässt sich flexibel auf unter­schied­lichste Ober­flächen aufbringen und trägt mit ihrem geringen Gewicht dazu bei, Energie und Kosten zu sparen. Die CNTs selbst verfügen über eine geringe Wärme­speicher­kapazität, wodurch die erzeugte Wärme unmittelbar an die Umgebung abgegeben wird. Im Gegen­satz zur draht­basierten Variante verteilt sich die Wärme dabei homogen über die gesamte Folien­fläche, was den Wirkungs­grad deutlich erhöht. Schaltet der Fahrer die Heizung aus, kühlt das Material ebenso rasch wieder ab. „Diese schnellen Reaktions­zeiten sind gerade für kurze Strecken wie Stadt­fahrten ideal“, erläutert Sahakalkan. Die gewünschte Heiz­leistung lässt sich vom Nutzer stufenlos regeln. Selbst punktuelle Defekte beein­trächtigen die Funktions­fähigkeit nicht. Bei draht­basierten Heizungen können dagegen schon winzige Brüche im Metall zum Ausfall führen.

Um die Folie gleichmäßig auf die gewölbte Türverkleidung aufzu­bringen, unter­teilen die Forscher sie in kleine Module und kleben sie dann abschnitts­weise auf die Verkleidung auf: „An den Wölbungen entstehen leicht Falten, was den Abstand der Elektroden zueinander verändert. Dann wäre keine homogene Wärme­verteilung mehr gewähr­leistet“, erklärt der Wissen­schaftler. Länger­fristig wollen die Stutt­garter Experten das Verfahren noch vereinfachen und die CNT-Dispersion direkt auf die entspre­chenden Auto­bauteile aufsprühen. „Dies würde den Herstellungs­prozess deutlich wirtschaft­licher machen – gerade auch im Vergleich zu draht­basierten Lösungen“, sagt Sahakalkan. Einen ersten Demonstrator der Folien­heizung stellen die Wissen­schaftler auf der IAA in Frankfurt vor. Die Messe dauert vom 17. bis 27. September, die Pressetage finden am 15. und 16. September statt.

Fh.-IPA / OD

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