Heizen mit Kohlenstoffnanoröhrchen
Fraunhofer-Forscher stellen effiziente, Strom sparende Folienheizung für Elektroautos auf der IAA vor.
Wer ein Elektroauto fährt, hat einen Grund mehr, den Sommer zu lieben: Im Winter sinkt die Reichweite der Fahrzeuge durch den zusätzlichen Energiebedarf der Heizung deutlich. Anders als bei konventionellen Pkw, wo Motorabwärme im Überfluss vorhanden ist, um das Fahrzeuginnere aufzuheizen, fällt bei Elektroautos so gut wie keine Abwärme an. Eine zusätzliche elektrische Heizung ist notwendig. Diese wird über die gleiche Batterie mit Strom versorgt, die auch den Motor beliefert. „Im ungünstigsten Fall kann man mit dem Auto dann nur noch die halbe Strecke fahren wie sonst“, sagt Serhat Sahakalkan, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart.
Abb.: Um die Heizwirkung der Folien für Pkw zu analysieren, schlossen die Forscher sie an eine Spannungsquelle an und beobachteten sie mit einer Thermokamera. (Bild: Fh.-IPA)
Forscher des IPA haben eine Flächenheizung auf Folienbasis entwickelt, die in Elektroautos schnell für wohlige Wärme sorgt und dadurch – vor allem auf kurzen Fahrten – effektiver ist als bisherige Elektroheizungen. Das Heizkonzept basiert auf einer Folie, die mit leitfähigen Kohlenstoffnanoröhren (CNTs) beschichtet ist. Dazu sprühen die Wissenschaftler eine CNT-Dispersion hauchdünn auf. „Die Folie wird auf die innere Türverkleidung aufgeklebt und erzeugt dort im Bereich der Armlehne in kürzester Zeit eine angenehme Wärme“, erklärt Sahakalkan. Die Heizung funktioniert nach dem Jouleschen Gesetz: Fließt Strom durch die Folie, stößt er auf einen natürlichen Widerstand zwischen den einzelnen Nanopartikeln und erzeugt Wärme.
Auch herkömmliche elektrische Widerstandsheizungen, wie sie bereits in Elektroautos zum Einsatz kommen, nutzen dieses Prinzip. Als leitfähiges Material kommt dabei in der Regel Kupferdraht zum Einsatz, der beispielsweise in Silikonmatten eingebettet wird. Die Lösung der Stuttgarter Forscher bietet jedoch einige Vorteile: Während heute verfügbare Kupferdrahtheizungen relativ sperrig sind und einigen Bauraum benötigen, besteht die Folienheizung aus einer nur wenige Mikrometer dicken Schicht aus leitfähigem Material. Sie lässt sich flexibel auf unterschiedlichste Oberflächen aufbringen und trägt mit ihrem geringen Gewicht dazu bei, Energie und Kosten zu sparen. Die CNTs selbst verfügen über eine geringe Wärmespeicherkapazität, wodurch die erzeugte Wärme unmittelbar an die Umgebung abgegeben wird. Im Gegensatz zur drahtbasierten Variante verteilt sich die Wärme dabei homogen über die gesamte Folienfläche, was den Wirkungsgrad deutlich erhöht. Schaltet der Fahrer die Heizung aus, kühlt das Material ebenso rasch wieder ab. „Diese schnellen Reaktionszeiten sind gerade für kurze Strecken wie Stadtfahrten ideal“, erläutert Sahakalkan. Die gewünschte Heizleistung lässt sich vom Nutzer stufenlos regeln. Selbst punktuelle Defekte beeinträchtigen die Funktionsfähigkeit nicht. Bei drahtbasierten Heizungen können dagegen schon winzige Brüche im Metall zum Ausfall führen.
Um die Folie gleichmäßig auf die gewölbte Türverkleidung aufzubringen, unterteilen die Forscher sie in kleine Module und kleben sie dann abschnittsweise auf die Verkleidung auf: „An den Wölbungen entstehen leicht Falten, was den Abstand der Elektroden zueinander verändert. Dann wäre keine homogene Wärmeverteilung mehr gewährleistet“, erklärt der Wissenschaftler. Längerfristig wollen die Stuttgarter Experten das Verfahren noch vereinfachen und die CNT-Dispersion direkt auf die entsprechenden Autobauteile aufsprühen. „Dies würde den Herstellungsprozess deutlich wirtschaftlicher machen – gerade auch im Vergleich zu drahtbasierten Lösungen“, sagt Sahakalkan. Einen ersten Demonstrator der Folienheizung stellen die Wissenschaftler auf der IAA in Frankfurt vor. Die Messe dauert vom 17. bis 27. September, die Pressetage finden am 15. und 16. September statt.
Fh.-IPA / OD