17.05.2019 • Energie

Helix-Halbleiter für günstigen Wasserstoff

Neuer Katalysator aus Zinn, Iod und Phosphor spaltet Wasser effizient.

Einem inter­nationalen Team um den Chemiker Tom Nilges von der Technischen Universität München und den Ingenieur Karthik Shankar von der University of Alberta ist es gelungen, eine stabile und trotzdem flexible Halbleiter­struktur zu finden, die Wasser deutlich effizienter spaltet als bisher möglich. Kern der Struktur ist eine anorganische Doppelhelix-Verbindung aus den Elementen Zinn, Iod und Phosphor. Sie wird in einem einfachen Prozess bei Temperaturen um 400 Grad Celsius synthe­tisiert. SnIP-Fasern sind einerseits flexibel und gleichzeitig so robust wie Stahl. „Das Material vereinigt die mechanischen Eigen­schaften eines Polymers mit dem Potential eines Halbleiters“, sagt Nilges. „Daraus können wir in einem weiteren technischen Schritt flexible Halbleiter­bauteile herstellen.“ 

Abb.: Elektronen­mikroskopische Aufnahme von Fasern des flexiblen...
Abb.: Elektronen­mikroskopische Aufnahme von Fasern des flexiblen Halbleitermaterials aus Zinn, Iod und Phosphor mit Doppelhelix-Struktur. (Bild: V. Duppel, MPI Festkörper­forschung)

Mit dem Wasser­spaltungs­katalysator entwickelte das Forschungsteam eine erste Anwendung für das unge­wöhnliche Material. Sie stellten dafür jeweils Nanoteilchen aus beiden Ausgangs­substanzen her und vermischten die Suspensionen dieser beiden Nanoteilchen miteinander. Dabei entsteht eine Struktur aus hartem und trotzdem flexiblem Kern aus SnIP-Doppelhelices umhüllt mit einer weichen Schale aus Kohlenstoff­nitrid. Wie Messungen zeigten, ist die so entstandene heterogene Struktur nicht nur deutlich stabiler als die Ausgangs­stoffe, sie kann auch Wasser viermal effizienter spalten als bisher möglich – und ist so interessant als Material, mit dem sich günstig Wasserstoff herstellen oder über­schüssiger Strom aus Windkraft­anlagen chemisch speichern lässt.

Die hohe Effizienz des Katalysators hängt vor allem mit seiner größeren Oberfläche zusammen. Dem Team gelang es, die Oberfläche zu vergrößern, indem sie die SnIP-Fasern in dünnere Stränge teilten. Am effektivsten ist eine Mischung aus dreißig Prozent SnIP mit siebzig Prozent Kohlenstoff­nitrid. Die dünnsten Fasern bestehen dabei aus wenigen Doppelhelix-Strängen und sind nur wenige Nanometer dick. Das Material ist also praktisch eindimensional. Eingewickelt in Kohlenstoff­nitrid behält es seine hohe Reaktivität, ist aber langlebiger und damit als Katalysator besser geeignet.

Die eindimen­sionalen SnIP-Doppelhelices eröffnen auch noch ganz andere Anwendungen. Besonders spannend für die Forscher wäre es, nur noch einen Doppelhelix-Strang von SnIP zu haben. Der würde dann rechts- oder linksdrehend vorliegen – mit jeweils ganz besonderen optischen Eigen­schaften. Das macht SnIP für die Optoelektronik interessant. „Wir konnten theoretisch zeigen, dass viele andere Verbindungen dieser Art existieren können und arbeiten gerade an der Synthese dieser Materialien“, sagt Nilges. „Flexible anorganische, nanometer­große 1D-Halbleiter können einen ebenso großen Hype auslösen wie es derzeit bei 2D-Schicht­materialien wie Graphen, Phosphoren oder Molybdän­disulfid der Fall ist.“ 

TUM / JOL

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