18.06.2008

Hessen verabschiedet Gesetz gegen Studiengebühren

Nach einer von heftigen gegenseitigen Vorwürfen geprägten Debatte hat der hessische Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken das Gesetz gegen Studiengebühren verabschiedet.

Hessen verabschiedet Gesetz gegen Studiengebühren

Wiesbaden (dpa) - Nach einer von heftigen gegenseitigen Vorwürfen geprägten Debatte hat der hessische Landtag mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken das Gesetz gegen Studiengebühren verabschiedet. Das Parlament in Wiesbaden musste noch einmal über das Gesetz befinden, weil in der ersten Fassung der entscheidende Satz gefehlt hatte - nämlich dass die Gebühren zum letzten Mal für das laufende Sommersemester 2008 gezahlt werden müssen. Gegen das von SPD und Grünen verfasste Gesetz stimmten die in Hessen seit einigen Wochen nur noch geschäftsführend regierende CDU und die FDP.

SPD und Grüne erklärten, sie vermissten die vom - ohne eigene Mehrheit geschäftsführend regierenden - Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) versprochene Partnerschaft mit dem Parlament. Koch hatte wegen des Fehlers dem Gesetz seine Unterschrift verweigert, aber erst zwei Tage nach der ersten Verabschiedung. Er wusste schon vor dieser Abstimmung, dass der entscheidende Satz fehlte. Dieser war bei einem Kopiervorgang verschwunden. Koch sei es um einen «kleinen parteitaktischen Vorteil» gegangen, sagte SPD-Fraktionschefin Andrea Ypsilanti.

Die CDU, die FDP und Hessens Wissenschaftsministerin Silke Lautenschläger (CDU) wiesen das zurück und warfen SPD und Grünen Dilettantismus vor. Die Regierung habe zwei Monate lang umfangreiche Vorlagen für das rot-grüne Gesetz geliefert, darunter auch den entscheidenden Satz.

Hintergrund Studiengebühren im Bundesländer-Vergleich
Die unionsgeführten Bundesländer im Westen Deutschlands haben Studiengebühren für das Erststudium eingeführt. In den neuen Ländern gibt es keine solchen Gebühren. In Thüringen und Sachsen-Anhalt müssen allerdings Langzeitstudenten - wie in vielen Westländern auch - 500 Euro je Semester zahlen.

  • NIEDERSACHSEN entschied als erstes Bundesland am 9. Dezember 2005, Semesterbeiträge einzuführen. Erstsemester müssen seit dem Wintersemester 2006/07 pro Halbjahr 500 Euro zahlen. Seit Frühjahr 2007 werden sämtliche Studenten zur Kasse gebeten.

  • In BREMEN, wo nur auswärtige Studenten zur Kasse gebeten werden sollten, ist die Erhebung von Studiengebühren ausgesetzt, nachdem das Verwaltungsgericht die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes angezweifelt hatte.

  • In BADEN-WÜRTTEMBERG müssen Studenten seit dem vergangenen Sommersemester 500 Euro bezahlen, der Landtag hatte schon im Dezember 2005 die Einführung von allgemeinen Studiengebühren beschlossen.

  • In HESSEN führte die CDU 2007 Studiengebühren von mindestens 500 Euro je Semester ein. Die neue Landtagsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken beschloss am 3. Juni ein Gesetz, um die Gebühren zum kommenden Wintersemester wieder abzuschaffen. Weil ein zentraler Passus fehlte, weigerte sich Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zunächst, das Gesetz in Kraft zu setzen. Am 11. Juni erklärte der hessische Staatsgerichtshof die Studiengebühren für vereinbar mit der Landesverfassung.

  • In NORDRHEIN-WESTFALEN werden an 28 der 33 Hochschulen Gebühren erhoben. Die Höhe liegt zwischen 275 Euro an der Uni Münster und der gesetzlichen Höchstgrenze von 500 Euro. Der Landtag hatte den Hochschulen im März 2006 die Einführung von Studiengebühren erlaubt. Für Studienanfänger trat die Regelung mit dem Wintersemester 2006/07 in Kraft, für alle anderen Studierenden mit dem Sommersemester 2007.

  • In BAYERN gibt es seit dem Sommersemester 2007 Studiengebühren. Die Hochschulen entscheiden dabei im Rahmen von 100 bis 500 Euro selbst, wieviel sie erheben. Der Landtag hatte im Mai 2006 grünes Licht für die Gebühren gegeben.

  • In HAMBURG einigten sich CDU und Grüne bei ihren Koalitionsverhandlungen auf eine Abschaffung der Studiengebühren in ihrer bisherigen Form. Seit dem Sommersemester 2007 mussten 500 Euro pro Semester bezahlt werden. Studenten sollen künftig 375 Euro bezahlen, aber erst, wenn sie nach dem Studium im Beruf stehen und mindestens 30 000 Euro im Jahr verdienen. Das neue Modell soll zum kommenden Wintersemester eingeführt werden.

  • Im SAARLAND müssen die Studenten seit vergangenem Wintersemester im ersten und zweiten Semester je 300 Euro bezahlen. Danach werden 500 Euro fällig.

  • In SCHLESWIG-HOLSTEIN gibt es bisher keine Gebühren. Die CDU in der großen Koalition ist zwar dafür, die SPD lehnt sie aber ab. Im Koalitionsvertrag hatten die Partner vereinbart, nicht offensiv Gebühren anzustreben, aber auch keine Insellage in Norddeutschland zuzulassen.

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