31.08.2006

Hochfeste Leichtbauteile

Durch die neue PAFATHERM-Technologie sollen zukünftige Fahrzeuge schneller, sicherer und sparsamer werden können.


Durch die neue PAFATHERM-Technologie sollen zukünftige Fahrzeuge schneller, sicherer und sparsamer werden können.

Zukünftige Fahrzeuge sollen nicht nur leichter, schneller und sicherer sein, sondern vor allem einen reduzierten Energieverbrauch aufweisen. Damit diese Wünsche auch noch bei geringen Fertigungskosten in Erfüllung gehen, kommen spezielle textilverstärkte Kunststoffverbunde zum Einsatz, die nach dem Vorbild der Natur gezielte Fasergerüste besitzen. Das Forscherteam um Prof. Dr. Lothar Kroll, der seit Juni 2006 die Professur Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung (SLK) an der Technischen Universität Chemnitz inne hat, möchte dazu auf Basis des wirtschaftlichen Spritzgussverfahrens eine effiziente Technologie zur belastungsangepassten Textilverstärkung von thermoplastischen Bauteilen entwickeln. Leichtbaustrukturen sollen damit auch in Großserie kostengünstig produzieren werden. Der Chemnitzer Nachwuchsgruppe steht für ihre Forschungsarbeit im Rahmen der Forschungsinitiative „Unternehmen Region“ mit „InnoProfile“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ab August bis zum Jahr 2011 eine Gesamtfördersumme von rund zwei Millionen Euro zur Verfügung.

„Mit unserem Forschungsvorhaben haben wir die Möglichkeit, in Sachsen auf dem Gebiet der Herstellung partiell textilverstärkter Kunststoffbauteile ein Innovationszentrum zu etablieren, das die Kompetenzen der Forschung sowie der regionalen kleinen und mittelständischen Spritzguss-Unternehmen bündelt. Nur auf diesem Weg lassen sich neue kosteneffiziente Technologielösungen schnell in die Praxis transferieren, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile für die einheimischen Unternehmen zu sichern und auszubauen“, so Prof. Kroll, der bereits in der Vorphase des Projekts und seiner Professurübernahme weitere Projektpartner akquirieren und neue Ideen einbringen konnte. Im Rahmen des Forschungsvorhabens ist ferner eine enge Zusammenarbeit mit den Herstellern von Spritzgussmaschinen zwingend notwendig. Dazu hat die Professur SLK erst kürzlich einen Kooperationsvertrag für die strategische Zusammenarbeit mit Krauss-Maffei unterzeichnet, einem weltweit agierenden Marktführer für Spritzgussanlagen.

Unter der Leitung von Dr. Wolfgang Nendel wollen die Nachwuchsforscher das wirtschaftliche und ausgereifte Spritzgießverfahren derart weiterentwickeln, dass eine Erweiterung für Hochtechnologieanwendungen möglich wird. „Bisher scheiterte der Einsatz von textilverstärkten Kunststoffen in stückzahlorientierten Industriebereichen wie der Automobilindustrie einfach an einem effizienten und serientauglichen Herstellungsverfahren“, erklärt Dr. Nendel. „Doch die PAFATHERM-Technologie bietet der Industrie völlig neue Möglichkeiten für den Einsatz von Verbundwerkstoffen, in unserem Fall belastungsgerechtes Textilhalbzeug und Kunststoffmatrix, und würde die Anwendungsbreite deutlich erhöhen.“

Falls beim Seitentürmodul eines Autos nur hoch belastete Bauteilbereiche speziell zu verstärken wären, so würde die PAFATHERM-Technologie es ermöglichen, bauteilangepasste Textilhalbzeuge aus Verstärkungsfasern einem Spritzgusswerkzeug zuzuführen, diese an der richtigen Stelle zu fixieren und in einem anschließenden Spritzgießvorgang ein thermoplastisches Verbundbauteil zu fertigen, das nur in dem definierten Bereichen gezielt faserverstärkt ist. Damit würden die kostenintensiven Verstärkungsfasern effizient eingesetzt. Eine Wanddickenminimierung und Masseeinsparungen sind logische und positive Konsequenzen im Zusammenhang mit dieser Technologie. Zusätzlich will das Forscherteam durch diese optimale Bauteilgestaltung einen Beitrag zur Ressourcenschonung leisten, denn Leichtbauteile reduzieren Masse und damit auch den Energieverbrauch etwa bei Fahrzeugen und Flugzeugen. Doch der Entwicklungsaufwand bis dahin ist noch sehr groß. Die Forschungsschwerpunkte des Projektteams liegen insbesondere im Benetzungsverhalten von Faserhalbzeugen mit thermoplastischem Kunststoff, in der Entwicklung prozessangepasster textiler Halbzeuge, in der exakten Positionierung des Faserhalbzeugs im Kunststoffbauteil, im beschädigungsfreien Handling der textilen Faserstrukturen sowie in ihrer Fixierung im Spritzgießwerkzeug, wobei neuen komplexen Werkzeugkonzepten hier besondere Bedeutung zukommt. Die wesentlichen Daten für die Bauteilauslegung, die Werkzeuggestaltung und die einzusetzenden Materialien sollen werkstoffgerechte Simulationen liefern. „In Zukunft könnte die PAFATHERM-Technologie durch zusätzliche Integration aktiver Komponenten einer überaus breiten Produktpalette zum noch ausbleibenden Durchbruch verhelfen“, visioniert Prof. Kroll. „Das fängt bei intelligenten Alltagsgegenständen und Sportartikeln an und kann bei sicherheitsaktiven hochfesten Komponenten des Fahrzeugbaus, Maschinenbaus und Anlagenbaus enden“.

Stichwort: „InnoProfile“
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung baute im Juni 2005 seine Innovationsinitiative „Unternehmen Region“ mit „InnoProfile“ weiter aus. Dieses Förderprogramm stellt bis zum Jahr 2012 rund 150 Millionen Euro für technologie- und branchenspezifische Zusammenarbeit zwischen Nachwuchsforschergruppen und Unternehmen vor Ort in Ostdeutschland bereit. In vier aufeinander folgenden Jahren sollen pro Jahr mindestens zehn neue Projekte gefördert werden, welche die Innovationsfähigkeit der ostdeutschen Regionen durch die Kooperation von regionaler Nachwuchsförderung und regionalen wirtschaftlichen Kompetenzträgern stärkt. Da die wirtschaftliche Entwicklung einer Region sehr stark von der Innovationsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen abhängt, diesen aber häufig passendes regionales Wirtschaftsumfeld fehlt, will „InnoProfile“ die Nachwuchsforscher und wirtschaftliche Träger in der Region zusammenbringen. Aus insgesamt 109 Bewerbungen wurden 18 für die erste von vier Förderungsrunden ausgewählt. Die TU Chemnitz erhielt dabei für vier eingereichte Projekte eine Förderungszusage und führt damit die Tabelle an. Rund 8,5 Millionen Euro können die an den vier Projekten beteiligten Chemnitzer Wissenschaftler in den nächsten Jahren zur Forschung nutzen.

Quelle: Technische Universität Chemnitz

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