Hochreaktives Nitren erstmals isoliert
Grundlage für die Entwicklung neuer Katalysatorsysteme.
Wissenschaftler der Uni Bremen haben zum ersten Mal erfolgreich ein Nitren isoliert, eine chemische Verbindung, die bisher als nicht isolierbar galt. „Unsere Entdeckung ist ein großer Erfolg für die Grundlagenforschung“, erklärt Jens Beckmann, Leiter des Forschungsteams. „Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, diese hochreaktiven Verbindungen im Labor zu zähmen. Dies wird nicht nur unser Verständnis der Chemie verbessern, sondern hat auch das Potenzial, neue innovative Katalysatorsysteme zu entwickeln.“
Die Isolation von Nitrenen war bisher nicht möglich, weil diese Verbindungen sehr schnell mit anderen Stoffen reagieren und normalerweise nur für winzige Bruchteile von Sekunden stabil bleiben. Der Durchbruch gelang, indem die Wissenschaftler eine Art Schutzschild um das reaktive Stickstoffatom bauten, das es vor anderen Stoffen in der Umgebung schützt. „Bildlich gesprochen, haben wir zwei Wände um das reaktive Stickstoff-Atom aufgebaut, die es abschirmen“, erklärt Beckmann diese kinetische Stabilisierung.
Um die genaue Struktur des isolierten Nitrens zu bestimmen, verwendeten die Forscher die Röntgenstrukturanalyse. Dabei stellte sich heraus, dass das Stickstoffatom in diesem Fall nur mit einem einzigen Kohlenstoffatom verbunden ist, während Stickstoff normalerweise drei Verbindungen eingeht. „Die Röntgenstrukturanalyse hat uns erstaunliche Einblicke gegeben“, so Beckmann. „Das Stickstoffatom in unserem Nitren ist nur an ein einziges Kohlenstoffatom gebunden, was äußerst ungewöhnlich ist und zu einem elektronischen Triplett-Grundzustand führt. Diese einzigartige Struktur verleiht dem Nitren paramagnetische Eigenschaften.“
Die Bedeutung dieser Entdeckung geht weit über die Grundlagenforschung hinaus. Stabile Nitrene könnten als neuartige Liganden in homogenen Katalysatoren, etwa in der chemischen Industrie, eingesetzt werden, um chemische Reaktionen effizienter zu gestalten und Energie zu sparen. Der Schlüssel zum Erfolg war die interdisziplinäre Forschung an der Universität Bremen, wie Beckmann betont. „Der Ursprung liegt zwar in der Chemie, aber erst die Zusammenarbeit mit den Geo- und Materialwissenschaften hat es uns ermöglicht, die magnetischen Eigenschaften zu verstehen und letztendlich diese revolutionäre Entdeckung zu machen.“
U. Bremen / JOL