Hochspannung vor Landung von Marssonde «Phoenix»
Bei der riskanten Mars-Landung der US-Raumsonde «Phoenix» am kommenden Sonntag unterstützt Europas Mars-Sonde «Mars-Express» die Landung der Sonde.
Washington (dpa) - Hochspannung bei der US-Weltraumbehörde NASA: Beinahe zehn Monate war die US-Raumsonde «Phoenix» durch die Weiten des Alls 195 Millionen Kilometer weit auf der Reise, am 25. Mai nun soll sie auf dem Roten Planeten landen. Ihr Auftrag: Erstmals nach Lebensspuren am vereisten Nordpol suchen. Doch bevor es überhaupt dazu kommt, sind die Nerven zum Zerreißen gespannt. «Das wird kein Spaziergang», sagt NASA-Manager Ed Weiler. «Eine Sonde sicher auf dem Mars aufsetzen zu lassen, ist kompliziert und risikoreich.» Das Terrain ist ruppig. Nur fünf von insgesamt rund einem Dutzend internationalen Versuchen glückten, und alle Erfolge konnte die NASA verbuchen.
Im Kontrollzentrum auf der Erde ist beim Landeanflug Fingerspitzengefühl gefragt. Die Sonde tritt mit einem Tempo von 20 000 Stundenkilometern in die Atmosphäre des Roten Planeten ein und wird dann mit einer Reihe von komplizierten Manövern auf weniger als 10 Stundenkilometer abgebremst, um schließlich sanft auf der Marsoberfläche aufzusetzen. Die nächste Hürde folgt unmittelbar danach: Vor allem fürchten die Experten, die Sonde könnte wegen Felsen ihre runden Solarflügel nicht ausfahren. Vorsorglich wurde die Landezone sorgfältig aus dem All abfotografiert.
In den drei folgenden Monaten während des Mars-Frühlings und -Sommers soll die Sonde dann mit ihrem 2,4 Meter langen Roboterarm im Permafrostboden graben. «Phoenix» wird unter anderem untersuchen, ob das Eis nahe der Marsoberfläche regelmäßig schmilzt. Damit würde es einen Lebensraum für Mikroorganismen geben. Bislang ist zudem unbekannt, ob der vereiste Boden an der Landestelle nur wenige Zentimeter oder möglicherweise mehr als einen halben Meter dick ist. «Phoenix landet so weit nördlich wie noch bei keiner anderen Mission zuvor», weiß Projektmanager Barry Goldstein vom NASA-Labor für Antriebstechnologie in Pasadena (Kalifornien). Das gesamte Projekt kostet 420 Millionen Dollar (knapp 310 Millionen Euro).
Mit den Geräten der Sonde kann laut NASA organisches Material im Boden nachgewiesen werden. «Phoenix» verfügt über einen eigenen Mini-Ofen, in dem Bodenproben erhitzt und dann auf ihre chemische Zusammensetzung analysiert werden sollen. Zudem soll das Wasser des Planeten auf seine chemische Zusammensetzung untersucht werden.
Die Sonde ist aber nicht nur auf der Suche von Spuren möglichen Lebens. Die Wissenschaftler erhoffen sich auch weitere Erkenntnisse über den Klimawandel - Aufklärung darüber, warum aus dem einst feuchten und warmen Mars ein kalter Planet mit vereisten Polarkappen wurde. Und noch einen wichtigen Auftrag hat sie: «Die Phoenix-Mission untersucht nicht nur die nördliche Permafrostregion, sondern geht einen Schritt weiter. Es soll herausgefunden werden, ob diese Region, die bis zu einem Viertel der Marsoberfläche ausmachen könnte, bewohnbar ist», sagt Peter Smith von der Universität von Arizona.
Ursprünglich sollte die Sonde schon 2001 im Rahmen des Mars- Surveyor-Programmes zum Einsatz kommen. Die Reise wurde dann aber gestrichen, nachdem 1999 der «Mars Polar Lander» in der Nähe des Südpols verloren gegangen war. Seitdem war «Phoenix» in einem Raum des Rüstungs- und Technologiekonzerns Lockheed Martin aufbewahrt und technisch weiter «aufgemöbelt» worden. Der Name der Sonde ist vom mythischen Vogel Phoenix abgeleitet, der aus seiner Asche aufersteht - und unsterblich ist wie die Frage, ob es Leben auf dem Mars gibt.
Aus Fehlern lernen - Europas Mars-Sonde beobachtet «Phoenix»-Landung
Bei der riskanten Mars-Landung der US-Raumsonde «Phoenix» am kommenden Sonntag greift die Weltraumbehörde NASA erstmals in der Raumfahrtgeschichte auf Unterstützung aus Europa zurück. Die Sonde «Mars-Express» der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) wird das Manöver beobachten und Daten an die Bodenstationen senden. «Wenn etwas schiefgeht, wollen wir zumindest daraus lernen», sagte der Leiter für interplanetare Missionen beim Kontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation (ESOC), Paolo Ferri, am Montag in Darmstadt. Schließlich sei bis heute unbekannt, warum der amerikanische «Mars Polar Lander» 1999 bei der Landung auf dem Roten Planeten verloren ging.
Das Aufsetzen auf dem kleinen Nachbarn der Erde gilt als äußerst heikel. Über die Hälfte der internationalen Versuche scheiterten. Auch die Europäer mussten einen solchen Misserfolg verkraften. 2003 setzte der «Mars-Express» «Beagle 2» auf der Oberfläche ab, der Landeroboter sendete aber niemals Funksignale.
Dies soll zwar in der Nacht zum Montag anders werden, wenn «Phoenix» mit einem Tempo von 20 000 Stundenkilometern in die Atmosphäre eintritt und dann per Fallschirm und Düsenraketen abgebremst wird. Damit mögliche Fehler aber schnell an die Erde weitergeleitet werden könnten, verfolgen der «Mars-Express» und zwei US-Orbiter den Anflug. «"Phoenix" benötigt die Orbiter als Relais- Station für die Kommunikation mit der Erde», sagte der stellvertretende Flugleiter des «Mars Express», Peter Schmitz. Die Sonde könne selbst keine Daten an die Bodenstationen senden, weil sie nahe des Nordpols lande und dort nicht genügend Energie für die Datenübertragung habe.
Die Wissenschaftler in Darmstadt haben bereits seit Ende 2007 Manöver ausgeführt, um «Mars-Express» in die richtige Flugbahn zur Beobachtung der US-Sonde zu bringen. Der Orbiter der ESA rast in 300 Kilometern Höhe mit 14 400 Stundenkilometern um den Roten Planeten. Die «Phoenix»-Landung beobachtet er aus 400 bis 2500 Kilometern Entfernung.
Auch bei der Berechnung der Flugbahn des «Phoenix» haben die Europäer der NASA erstmals geholfen. Die ESA stellt zwei Bodenstationen und die Navigationstechnik «delta-DOR» zur Verfügung, um die Genauigkeit der Bahnmessung zu verbessern. «Es ist für uns das erste Mal, dass wir so einen Service betreiben können», sagte Ferri. Bisher habe das nur die NASA gekonnt und Europa über Jahre hinweg unterstützt. «Jetzt können wir die Hilfe zurückbezahlen.»
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