Höhere Auflösung mit Quantenpunkten
Gleitende Nanosonden erleichtern die Vermessung optischer Nahfelder.
Die Auflösung konventioneller optischer Mikroskopie ist durch das fundamentale physikalische Prinzip der optischen Beugung auf etwa die halbe Wellenlänge des Lichts begrenzt. Wissenschaftler weltweit haben deshalb in der Vergangenheit ausgeklügelte Konzepte entwickelt, um das Beugungslimit zu umgehen und somit die Auflösung zu erhöhen. Der dafür notwendige technische Aufwand ist jedoch erheblich und benötigt in der Regel hochspezialisierte Mikroskop-Aufbauten. Insbesondere die Vermessung optischer Nahfelder, welche so stark lokalisiert sind, dass sie keine Wellen zu einem weit entfernten Detektor schicken können, stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar.
Abb.: Künstlerische Darstellung mehrerer Mikrotubuli, die durch das optische Nahfeld (blau) einer nanostrukturierten Goldoberfläche gleiten. Die an den Mikrotubuli befestigten Quantenpunkte (grün) reagieren auf das lokale Feld indem sie verstärkt fluoreszieren. (Bild: H. Groß)
Physiker der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der Technischen Universität Dresden zeigen nun, dass es möglich ist, diese Nahfelder mit einem deutlich geringeren Aufwand zu vermessen. Sie haben dafür viele extrem kleine optische Nano-Sonden mithilfe eines biomolekularen Transportsystems über eine Oberfläche gleiten lassen. „Wir haben als Sonden Quantenpunkte verwendet – wenige Nanometer kleine fluoreszente Partikel“, schildert Bert Hecht die Vorgehensweise. Gemeinsam mit Stefan Diez vom Center for Molecular Bioengineering der TU Dresden hat er die Arbeiten geleitet.
Motorproteine und Mikrotubuli sorgen dafür, dass die Quantenpunkte über das zu untersuchende Objekt wandern. „Diese beiden Elemente gehören zu den fundamentalen Bestandteilen eines intrazellulären Transportsystems“, erklärt Diez. „Mikrotubuli sind röhrenförmige Proteinkomplexe, die mit einer Länge von bis zu mehreren zehntel Millimetern ein wichtiges Straßensystem im Inneren menschlicher Zellen bilden. Motorproteine laufen entlang dieser Strecken und können dabei intrazelluläre Lasten von einem Ort zu einem anderen transportieren“, so der Wissenschaftler. Dieses Konzept haben sich die Forscher zunutze gemacht, allerdings in umgekehrter Anordnung: „Die Motorproteine werden auf der Oberfläche der Proben fixiert und reichen die Mikrotubuli über sich hinweg – sozusagen ein ‚Stagediving‘ mit Biomolekülen“, sagt Heiko Groß, Doktorand in der AG Hecht. Die Quantenpunkte, die als optische Sonden dienen, werden dabei an die Mikrotubuli gebunden und bewegen sich mit ihnen mit.
Da es mit einem einzelnen Quantenpunkt sehr lange dauern würde, einen großen Oberflächenabschnitt zu untersuchen, haben die Forscher große Mengen solcher Quantenpunkte und Motorproteine verwendet. Damit bewegen sich viele Quantenpunkte gleichzeitig und tasten so eine große Fläche in kurzer Zeit ab. „Auf diese Weise können wir lokale Lichtfelder großflächig mit einer Auflösung von weniger als fünf Nanometer auf einem einfachen optischen Mikroskop vermessen“, erklärt der Physiker. Diese Methode testeten die Forscher auf einer dünnen Goldschicht, die mit schmalen Schlitzen mit einer Breite von weniger als 250 Nanometern versehen war. Diese Schlitze haben sie von unten mit blauem Laserlicht beleuchtet. „Licht, das durch diese schmalen Spalte tritt, ist auf die Spaltbreite eingeschränkt und damit ideal, um eine hochaufgelöste optische Mikroskopie zu demonstrieren“, so Groß.
Während der Messung gleitet ein Gewimmel von Mikrotubuli gleichzeitig in verschiedene Richtungen über die Oberfläche der Goldschicht. Mit einer Kamera kann in definierten zeitlichen Intervallen die Position von jedem transportieren Quantenpunkt exakt bestimmt werden. Wenn sich nun ein Quantenpunkt durch das optische Nahfeld der Spalte bewegt, leuchtet dieser als optischer Sensor stärker auf. Da der Durchmesser des Quantenpunkts nur wenige Nanometer beträgt, lässt sich die Lichtverteilung innerhalb des Schlitzes äußerst präzise bestimmen und somit das Beugungslimit umgehen.
Ein weiterer Clou dieser neuartigen Methode besteht darin, dass sich ein Mikrotubulus aufgrund seiner Länge und Festigkeit äußerst geradlinig und vorhersagbar über die motorbeschichtete Probenfläche bewegt. „Dadurch ist es möglich, die Position der Quantenpunkte zehn Mal genauer zu bestimmen als bei bisher etablierten höchstauflösenden Mikroskopiemethoden“, erklärt Jens Ehrig vom Center for Molecular and Cellular Bioengineering der TU Dresden. Auch können auf diese Weise Störungen ausgeschlossen werden, die durch Artefakte aufgrund einer Nahfeld-Kopplung entstehen. Da das Transportsystem nur aus wenigen Molekülen besteht, ist auch dessen Einfluss auf das Nahfeld vorteilhafterweise vernachlässigbar.
Die Forscher hoffen, mit ihrer Idee eine neue Technologie im Bereich der Oberflächenmikroskopie etablieren zu können. Sie sind jedenfalls überzeugt: „Besonders bei der optischen Überprüfung von nanostrukturierten Oberflächen kann diese Art der Mikroskopie ihre Stärken ausspielen.“ In einem nächsten Schritt wollen sie jetzt dieses molekulare Transportsystem in der Grundlagenforschung verwenden, um Quantenpunkte gezielt mit präparierten optischen Nahfeldern zu koppeln und deren Wechselwirkung zu studieren.
TU Dresden / JOL