In vielen Bereichen von den Materialwissenschaften bis zur Medizin ermöglicht nukleare magnetische Resonanz, kurz NMR, detaillierte molekülspezifische Untersuchungen. Am Karlsruher Institut für Technologie ist es Forschern jetzt gelungen, die Empfindlichkeit von NMR-Messungen auf kleinstem Raum zu steigern. Die Wissenschaftler nutzen dazu Lenz-Linsen, die den magnetischen Fluss fokussieren.
Abb.: Zwei Lenz-Linsen in einem Helmholtz-Spulenpaar angeordnet. Die Simulation zeigt, wie die Lenz-Linsen den magnetischen Fluss räumlich fokussieren. (Bild: N. Spengler, KIT)
Bei NMR-Messungen befindet sich die Probe in einem starken konstanten Magnetfeld und wird mit einem hochfrequenten magnetischen Wechselfeld bestrahlt. Sowohl die Magnetresonanztomographie als auch die NMR-Spektroskopie basieren auf der Kernspinresonanz. Allerdings steht die Forschung vor der Herausforderung, das ungünstige Signal-Rausch-Verhältnis stetig zu verbessern und so die Sensitivität der NMR-Messungen zu steigern. „Eine hohe Sensitivität ist vor allem dann unabdingbar, wenn wir es mit massen- und volumenbegrenzten Methoden zu tun haben oder wenn eine hohe räumliche Auflösung gefordert ist“, erklärt Jan Gerrit Korvink vom KIT.
Bei NMR-Messungen an kleinen Proben haben sich miniaturisierte Hochfrequenzspulen zur Erzeugung und zum Empfang des magnetischen Wechselfelds bewährt. Für mobile Anwendungen und zur weiteren Miniaturisierung hat ein internationales Forscherteam jetzt eine neue Methode zur Steigerung der Sensitivität auf engstem Raum entwickelt: Sie nutzen Lenz-Linsen, um den magnetischen Fluss einer makroskopischen Hochfrequenzspule auf ein kleineres Volumen zu fokussieren und die Empfindlichkeit lokal zu erhöhen. Mit diesen Linsen – benannt nach der von Emil Lenz veröffentlichten Regel über die magnetische Flussänderung – lässt sich der magnetische Fluss des Wechselfelds nicht nur fokussieren, sondern auch umleiten oder umformen. Ihre Wirkung lässt sich insofern mit der von optischen Linsen auf Lichtstrahlen vergleichen. Der Wechsel des Magnetfelds induziert einen Strom in die Lenz-Linsen, die aus Metallplatten oder -drähten in symmetrischer oder asymmetrischer Anordnung bestehen. Die Form der Linsen lenkt die induzierten Ströme so, dass eine Fokussierung des Magnetfelds bewirkt wird.
Mit Lenz-Linsen lässt sich die Empfindlichkeit der Messungen in eng begrenzten Räumen, in die konventionelle NMR-Systeme nicht hineinpassen, deutlich steigern. Die Linsen funktionieren zudem bei beliebiger Feldstärke. Unter anderem können verschiedene medizinische Anwendungen vom Einsatz der Lenz-Linsen profitieren, so Korvink: „Da die Linsen nicht verdrahtet sind, eignen sie sich besonders gut für Implantationsanwendungen.“ Denkbar ist beispielsweise die Anwendung in Hirnimplantaten, bei denen die Heilung des Gewebes über längere Zeit mit hoher Auflösung beobachtet werden muss, oder auch auf Pflastern zur Beobachtung von Hautkrebs. Derzeit erschließen die Forscher weitere Anwendungsmöglichkeiten, unter anderem in der Elektrotechnik.
KIT / RK