05.05.2017

Holografie mit dem WLAN-Router

Analyse von WLAN-Daten liefert dreidimensionale Bilder der Umgebung.

Wie der Blick durch ein Fenster, liefert ein Hologramm ein drei­dimensional erscheinendes Abbild. Während für das optische Hologramm aufwändige Laser­technik benötigt wird, lässt sich ein Hologramm der Mikrowellen­strahlung eines WLAN-Senders mit einer fest­stehenden und einer beweg­lichen Antenne erzeugen, wie Friedemann Reinhard und Philipp Holl berichten. „Mit dieser Technik können wir ein drei­dimensionales Bild des Raums erzeugen, in dem sich der WLAN-Sender befindet, so als hätten wir Augen für Mikrowellen­strahlung,“ sagt Friede­mann Reinhard, Leiter der Emmy Noether Forschungs­gruppe für Quanten­sensoren am Walter Schottky Institut der TU München. Einsatz­möglichkeiten sehen die Forscher vor allem im Kontext des Konzepts Industrie 4.0, automa­tisierter Industrie­anlagen, wo es oftmals schwierig ist, Teile oder Geräte zu loka­lisieren.

Abb.: Das im Realbild sichtbare Kreuz aus Aluminiumfolie lässt sich aus dem WLAN-Hologramm wieder rekonstruieren. (Bild: F. Reinhard, P. Holl / TUM)

Verfahren, bei denen Mikrowellen­strahlung sogar durch Wände hindurch geortet wird, oder bei denen die Veränderung des Signals die Anwesen­heit einer Person anzeigt, gibt es bereits. Neu ist, dass die hologra­fische Aufbe­reitung der WLAN- oder Handy­signale ein Abbild des gesamten Raumes liefert. „Natürlich liegt es da nahe, sich Sorgen um seine Privat­sphäre zu machen, denn selbst ver­schlüsselte Signale über­tragen gewisser­maßen ein Bild der Umgebung nach außen,“ sagt Reinhard, schränkt aber auch ein „Dass sich das Verfahren in naher Zukunft für den Blick in fremde Schlaf­zimmer eignet, ist aber eher unwahr­scheinlich. Man müsste dazu eine große Antenne um das Gebäude herum­fahren, was kaum unbemerkt bleiben dürfte. Da gibt es ein­fachere Möglich­keiten.“

Bisher sind für das Erzeugen von Bildern aus Mikro­wellen­strahlung spezielle Sender mit großer Bandbreite erfor­derlich. Die holo­grafische Auswertung der Daten ermög­lichte es den Forschern, auch mit der sehr geringen Bandbreite haushalts­üblicher WLAN-Sender auszukommen, die in den Frequenz­bändern 2,4 und 5 Gigahertz senden. Auch Bluetooth- und Handy-Signale können genutzt werden. Die Wellen­länge dieser Geräte entspricht einer Auf­lösung im Bereich weniger Zenti­meter. „Statt einer beweg­lichen Antenne, die Bildpunkt für Bildpunkt misst, könnte man auch eine größere Zahl von Antennen nehmen und damit eine video­ähnliche Bild­frequenz erreichen,“ sagt Philipp Holl, der die Versuche durch­führte. „Zukünf­tige WLAN-Frequenzen, wie der geplante IEEE 802.11-Standard mit 60 Gigahertz, erschließen eine Auf­lösung bis in den Millimeter­bereich.“

Auch aus der Optik bekannte Methoden zur Bildver­besserung können bei der WLAN-Holo­grafie eingesetzt werden: Ein Beispiel ist die aus der Mikro­skopie bekannte Dunkel­feld-Methode, die es ermöglicht, schwach streuende Strukturen besser erkennen zu können. Ein weiteres Verfahren ist die Weißlicht-Holo­grafie: Hier nutzten die Forscher die Band­breite des WLAN-Senders, um Störungen durch Streu­strahlung zu elimi­nieren. Das Konzept, Mikro­wellen-Holo­gramme wie optische Bilder zu betrachten, ermöglicht es auch, das Mikrowellen­bild mit Kamera­bildern zu kombinieren. In das Kamera­bild des Handys könnten so aus Mikrowellen­bildern gewonnene Zusatz­informationen eingeblendet werden, etwa um Funk-Schlüssel­anhänger an verlorenen Gegen­stände direkt zu sehen.

Abb.: Simulation einer Lagerhalle: Aus dem „Licht“ des WLAN-Senders im Keller lässt sich das dreidimensionale Abbild rekonstruieren. (Bild: F. Reinhard, P. Holl / TUM)

Doch mit ihrer Arbeit stehen die Wissen­schaftler erst am Anfang der techno­logischen Entwicklung. Noch fehlt vor allem Forschung dazu, wie transparent welche Materia­lien sind. Mit diesen Kenntnissen ließen sich dann zum Schutz der Privat­sphäre für Mikro­wellen undurch­sichtige Anstriche oder Tapeten entwickeln, während man für Fabrik­hallen, in denen man den Weg eines Bauteils durch die Anlage verfolgen will, transpa­rente Materia­lien ein­setzen würde.

Ent­sprechend weiter entwickelte Technik könnte, so hoffen die Forscher, in Zukunft bei der Suche nach Ver­schütteten unter einer Lawine oder in einem einge­stürzten Haus helfen: Während bis­herige Methoden nur die Ortung erlauben, lieferte die holografische Auswer­tung der Signale auch ein räum­liches Abbild der zerstörten Strukturen. Schwere Trümmer­stücke könnten Helfer dann umgehen oder ver­bliebene Hohl­räume für die Rettung nutzen und so planvoll den leich­testen Weg zum Opfer finden.

TUM / JOL

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