01.11.2018

In der Maschinenkammer des Lebens

Hit-and-return-Methode beschleunigt Aufnahmen biomolekularer Dynamiken.

Wissenschaftler aus der Abteilung Dynamik in atomarer Auflösung des MPSD am Center for Free-Electron Laser Science, dem Centre for Ultra­fast Imaging (alle in Hamburg), der University of Toronto in Kanada und der ETH Zürich in der Schweiz haben eine neue Methode entwickelt, um Bio­moleküle bei der Arbeit zu beobachten. Diese Methode vereinfacht nicht nur das Experiment, sondern beschleunigt es auch noch maß­geblich, so dass sich nun viele Schnapp­schüsse während einer einzigen Experimentier­sitzung aufnehmen lassen. Als Zeit­raffer­sequenz aneinander­gefügt, bilden sie die molekularen Grund­lagen der Biologie ab.

Abb.: Die „Hit-and-return”-Methode vereinfacht es, Biomoleküle bei der Arbeit zu beobachten. (Bild: J. Harms / MPSD)

Die Bewegungen und strukturellen Änderungen von Biomolekülen sind für ihre Funktionen von fundamentaler Bedeutung. Diese dynamischen Bewegungen auf molekularer Ebene zu verstehen, stellt jedoch eine gewaltige Heraus­forderung dar. Eine der Methoden, die dieses Verständnis vertiefen kann, ist die zeit­aufgelöste Röntgen­kristallo­graphie, bei der eine Reaktion in einem Bio­molekül ausgelöst wird und dann atomare Aufnahmen des Moleküls während der Reaktion gemacht werden. Diese Experimente sind allerdings kompliziert und extrem zeit­aufwändig.

Die neue Hit-and-return-Methode ist auf die Unter­suchung von biologisch relevanten Reaktions­zeit­skalen zugeschnitten, die von einigen Milli­sekunden bis zu mehreren Sekunden oder sogar Minuten andauern können. Diese Zeit­spannen sind für Biologen und pharma­zeutische Forscher besonders interessant, da sie oft strukturelle Veränderungen aufzeigen, die für eine bestimmte biologische Funktion oder die katalytische Umsetzung eines Medikaments relevant sind.

Durch die Anwendung der Hit-and-return-Methode an den hoch­intensiven, mikro­fokussierten Röntgen­strahlen der Beamline P14 des Europäischen Molekularbiologie-Labors (EMBL) und der Beamline P11 am Deutschen Elektronen­synchrotron (DESY) gelang es dem Team, ein wichtiges Enzym für die Aufspaltung künstlicher Schad­stoffe über mehrere Sekunden bei der Arbeit zu beobachten.

Der Schlüssel des Erfolges: Das gesamte Experiment kann mit dem Hit-and-return-System viel schneller ausgeführt werden als mit gängigen Methoden. Bislang mussten die Daten über mehrere Stunden gesammelt werden, um einen einzigen strukturellen Schnapp­schuss zu generieren, während die Hit-and-return-Methode etwa einen Zeit­punkt pro Stunde ermöglicht – unabhängig von der Verzögerungs­zeit. Mit dieser äußerst effizienten Methode lassen sich nun viele Schnapp­schüsse schnell nach­einander aufnehmen. Dies ermöglicht es Forschern wiederum, die Zeit­raffer­sequenz der strukturellen Veränderungen während der gesamten Reaktion eines Bio­moleküls innerhalb eines 24-Stunden-Experiments aufzunehmen.

Das hohe Potential der Hit-and-return-Methode in Kombination mit existierenden und zukünftigen hoch­brillianten Synchrotron-Strahlen­quellen verleiht ihr eine besondere Bedeutung. Dank ihrer zeit­sparenden Abläufe wird eine größere Anzahl an Forschern Unter­suchungen mit zeit­aufgelöster Kristallo­graphie durch­führen können.

Zusammen mit dem EMBL, der Universität Hamburg und dank der Unter­stützung des Bundes­ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird die Hit-and-return-Methode schon jetzt als Standard für die neue zeit­aufgelöste, Kristallo­graphie an der Beamline des EMBL am PETRA III-Synchrotron in Hamburg ein­gesetzt. Das Team ist überzeugt, dass die Nutzung solcher innovativen Technologien zu vielen weiteren wichtigen Erkenntnissen über bio­chemische Prozesse führen wird.

MPSD / DE

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