Ineffizienter Motor der Atmosphäre
Thermodymanisches Klimamodell prognostiziert stärkere, aber im globalen Mittel seltenere Stürme.
Häufigkeit und Stärke von Stürmen könnten regional mit fortschreitender Erderwärmung zunehmen, warnen Klimaforscher. Global betrachtet lässt sich dieser Trend allerdings nicht untermauern. Steigende Temperaturen fördern zwar Wetterextreme wie starke Stürme, doch müssten diese im globalen Durchschnitt eher seltener als heute stattfinden. Zu diesem Ergebnis kommt eine kanadische Forschergruppe an der University of Toronto, die die Energiebilanz in der Erdatmosphäre mit einem thermodynamischen Modell aufgestellt haben.
Abb.: Über der See vor der indonesischen Insel Bali zieht ein Sturm auf. Mit fortschreitender Erderwärmungen könnte zwar die Stärke von Stürmen zunehmen, doch nicht unbedingt deren Häufigkeit. (Bild: F. Laliberté)
„Wenn man die Atmosphäre als Wärmekraftmaschine beschreibt, könnte der Anstieg der Verdunstung durch die globale Erwärmung die atmosphärischen Zirkulationen begrenzen“, sagt Frederic Laliberté vom Department of Physics an der University of Toronto. Wenn also mehr Energie für die Verdunstung von Wasser benötigt wird, könne folglich weniger Wärme in kinetische Energie, sprich Wind, umgewandelt werden. Da steigende Temperaturen jedoch auch größere Temperaturgefälle und damit stärkere Winde begünstigen, könnte die Anzahl starker Stürme insgesamt abnehmen, während einzelne Stürme stärker werden.
Laliberté nutzte mit seinen britischen und schwedischen Kollegen das thermodynamische Modell eines Carnot-Kreisprozesses, der in der Erdatmosphäre allerdings alles andere als effizient abläuft. Denn im globalen Mittel steht dank der Sonneneinstrahlung Energie für eine Leistung von rund zehn Watt pro Quadratmeter zur Verfügung. Die geschätze kinetische Energie in Form von Windströmungen entspricht aber nur der Hälfte dieses Wertes. Die Differenz wird für den hydrologischen Kreislauf benötigt, also für Verdunstung von Wasser und Bildung von Niederschlag.
Dieses relativ einfache thermodynamische Modell, in dem Wärmefluss, kinetische Energie und Entropie voneinander abhängen, überprüften die Forscher an globalen Wetterdaten im Zeitraum von 1981 bis 2012 und parallel an einem simulierten Klimaszenario, dass die Auswirkungen der Erderwärmung bis zum Jahr 2098 prognostiziert. Beide Datensätze bestätigten, dass mit steigender Erderwärmung die globale Verdunstungsrate zunimmt. Zugleich reduzierte der hydrologische Kreislauf die kinetische Energie der weitreichenden Luftströmungen in der Atmosphäre um etwa ein Drittel. Benötigen folglich stärkere und häufiger auftretende Tropenstürme viel kinetische Energie, müssten sich andernorts die Winde abschwächen.
Dieses Modell weist die Grenzen auf, innerhalb der sich das Klima im Zuge der Erderwärmung ändern kann. Doch bezieht es sich auf einen globalen Mittelwert. So könnte es regional durchaus zu einer Zunahme von extremen Wetterereignissen mit höheren Niederschlagsmengen und stärkeren Winden kommen.
Jan Oliver Löfken
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