Innovative Designoberflächen durch Laserumschmelzen
Neues Verfahren strukturiert Material ohne Abtrag und poliert gleichzeitig auf Hochglanz – bei reduziertem Zeit- und Kostenaufwand.
Ob Lenkrad oder Zahnbürstengriff: Für haptische und optische Bauteile in nahezu allen Lebensbereichen sind strukturierte Oberflächen heutzutage nicht mehr wegzudenken. Zur Strukturierung dieser Bauteile werden oft Spritzgusswerkzeuge aus Metall verwendet. Ein übliches Verfahren zur Erzeugung der gewünschten Struktur auf dem Werkzeug ist das photochemische Ätzen. Teilbereiche aus dem Werkzeugeinsatz werden hierbei durch Abätzen ungewünschter Bereiche herausgearbeitet. Dieses Verfahren ist jedoch zeit- und kostenintensiv. Nicht zuletzt deswegen, weil große Mengen umweltgefährdender Säuren zu entsorgen sind.
Abb.: Oberfläche mit unterschiedlichen Strukturen, hergestellt durch Laserumschmelzen. (Bild: Fh.-ILT)
Eine umweltschonende Alternative bietet das seit mehr als zehn Jahren etablierte Laserverfahren zum Strukturieren durch Abtragen. Bei einer angestrebten Strukturgröße > 10 µm lässt sich mit diesem Verfahren eine Volumenabtragrate von 1-10 mm3/min erzielen. In vielen Fällen ist jedoch eine Nachbehandlung des Werkstücks nötig, da durch den Materialabtrag die Oberfläche durch Schmelzrückstände verunreinigt wird. Zudem benötigt der Laser beispielsweise zur Erreichung einer Strukturtiefe von 200 µm einige dutzend Überfahrten. Für Werkzeughersteller ist das laserbasierte Strukturieren großer Flächen durch Abtragen daher wirtschaftlich häufig uninteressant.
Forscher des Fraunhofer ILT entwickelten nun ein Verfahren zum Strukturieren von Werkzeug durch Laserumschmelzen. Der Laserstrahl fährt dabei über das Werkstück und schmilzt durch den Wärmeeintrag die Metalloberfläche auf, modulierte Laserleistung verändert an definierten Stellen die Schmelzbadgröße kontinuierlich. „Durch diese Modulation wird das Material umverteilt, es entstehen Berge und Täler: Die eine Hälfte der entstandenen Struktur liegt oberhalb ihres Ausgangsniveaus, die andere Hälfte liegt darunter“, erklärt André Temmler, Projektleiter am Fraunhofer ILT. Aus der Schmelze erstarrt die oberste Materialschicht und weist aufgrund ihrer Oberflächenspannung eine gleichmäßig verringerte Rauheit auf. Die Oberfläche bleibt glänzend poliert zurück. Im Gegensatz zum Laserstrukturieren durch Abtragen besteht die Neuerung des Laserstrukturierens durch Umschmelzen darin, dass es keiner weiteren Nachbehandlung mehr bedarf. Die Oberflächen erhalten direkt eine optische Qualität. Bei einer Strukturtiefe von ca. 200 µm lassen sich Flächenraten von bis zu 75 mm2/min erzielen. Das bedeutet, bei einer einzigen Überfahrt lässt sich hier eine Volumenumverteilungsrate von 15 mm3/min erzielen.
Abb.: Das abgeformte Kunststoffbauteil, hergestellt mit selektiv laserpoliertem Werkzeugeinsatz, zeigt einen deutlichen Zweiglanzeffekt. (Bild: Fh.-ILT)
Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens gegenüber dem herkömmlichen laserbasierten Strukturieren durch Abtragen besteht in seiner Energie- und Ressourceneffizienz. Zum Schmelzen wird weniger Energie benötigt als zum Sublimieren, es sind wesentlich weniger Überfahrten erforderlich und es entsteht kein Materialverlust. Je nach Material und Stückzahl kann dies für den Werkzeughersteller eine signifikante Zeit- und Kostenreduktion bedeuten. Für ebene Flächen und einfach gekrümmte Bauteilgeometrien ist das Laserverfahren zum Strukturieren durch Umschmelzen bereits industriell einsetzbar. Nun arbeiten Temmler und sein Team daran, das Verfahren auch auf Freiformflächen zu übertragen.
Ist für das Endprodukt wie zum Beispiel Dekorelemente oder ganze Produktoberflächen ein zusätzlicher Zweiglanzeffekt erwünscht, wird die Oberfläche des Werkzeugs in einem weiteren Arbeitsschritt zunächst flächig mattiert. Dies geschieht meist durch Glasperlen- oder Sandstrahlen. Anschließend werden ausgewählte Bereiche mit einem Laserstrahl umgeschmolzen. Diese Teilbereiche erstarren dabei geglättet aus der Schmelze. Durch die selektive Laserpolitur entsteht somit ein Kontrast zwischen den matten, unbearbeiteten und den glänzenden, laserpolierten Bereichen. Je nach Stärke des Zweiglanzes wird sogar ein 3D-Effekt erzeugt, die polierten Stellen scheinen aus der Oberfläche zu ragen. Beispielsweise lassen sich strukturierte Werkzeuge zum Prägen von Ledernarben auf Kunststoffbauteile durch selektives Laserpolieren mit einem Zweiglanzeffekt versehen, der dann durch Abformung auf das Endprodukt übertragen wird. Das Verfahren zum selektiven Polieren kann nun erstmals sowohl für ebene Flächen als auch für Freiformflächen industriell genutzt werden.
Fh.-ILT / OD